Bei Verhandlungen über einen Sozialplan ist oft streitig, ob Arbeitnehmer im Falle einer Eigenkündigung eine Abfindung erhalten sollen.
Im Rahmen eines Sozialplans soll die Abfindung einen Ausgleich für den einseitigen vom Arbeitgeber veranlassten Verlust des Arbeitsplatzes darstellen. Es ist daher nachzuvollziehen, wenn ein Arbeitgeber verhindern will, dass er im Sozialplan verpflichtet werden soll, auch an Arbeitnehmer, die eine Eigenkündigung ausgesprochen haben, eine Abfindung zahlen zu müssen. Wie kann der Arbeitgeber sein Ziel erreichen?
Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verstößt der generelle Ausschluss einer Abfindung im Falle einer Eigenkündigung gegen das Gleichbehandlungsgebot aus § 75 Abs. 1 BetrVG. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Eigenkündigung durch den Arbeitgeber veranlasst worden sei. Dies sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles der Fall, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund des Verhaltens des Arbeitgebers annehmen durfte, er komme einer Kündigung des Arbeitgebers mit der Eigenkündigung lediglich zuvor.
Das LAG Sachsen hatte folgenden Fall zu entscheiden:
Die Beklagte beabsichtigte ihren Betrieb zum 30.04.2022 stillzulegen. In einer Betriebsversammlung und durch Aushang am 25.06.2020 wurde die Belegschaft hierüber informiert. Es wurde mitgeteilt, dass ein Interessenausgleich und ein Sozialplan wegen der Betriebsschließung verhandelt werden. Der Abschluss der Verhandlungen zog sich bis in das Jahr 2021 hin. Durch Eigenkündigung vom 27.11.2020 hat der Kläger sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten zum 31.03.20201 beendet. Er ist bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt. Am 22.03.2021 haben die Betriebspartner für die bevorstehende Betriebsschließung einen Sozialplan abgeschlossen. Der Sozialplan sieht unter Ziff. 2.2.3 einen Ausschluss für Arbeitnehmer vor, die vor dem Stichtag, am 22.03.2021 eine Eigenkündigung ausgesprochen haben.
Der Arbeitnehmer hatte argumentiert, dass er seine Eigenkündigung nur wegen der vorherigen Information des Arbeitgebers durch den Aushang und die Betriebsversammlung ausgesprochen habe, sie also arbeitgeberseits veranlasst gewesen sei und klagte auf Zahlung der Sozialplanabfindung.
Hier ergab sich die Frage, ob die vom Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarte Stichtagsklausel (Abschluss des Sozialplans) angesichts der Umstände wirksam war. Das BAG hält eine solche Stichtagsklausel grundsätzlich für zulässig, aber die Umstände des Einzelfalles müssen berücksichtigt werden. Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis z. B. nach dem Abschluss des Sozialplans, aber vor dem Datum, zu dem sein Arbeitsplatz wegfallen soll, kann der Ausschluss einer Abfindung für diesen Arbeitnehmer auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots zulässig sein. Hat der Arbeitgeber aber z. B. schon vor Abschluss der Sozialplanverhandlungen die Belegschaft über den unvermeidbaren Abbau von näher bezeichneten Arbeitsplätzen informiert, wäre die Herausnahme der anschließend bis zum Abschluss des Sozialplans erklärten Eigenkündigungen ggf. nicht gerechtfertigt.
Im vorliegenden Fall verneinte das LAG Sachsen die Veranlassung der Eigenkündigung durch den Arbeitgeber, da genau diese Konkretisierung vor Abschluss des Sozialplans nicht vorlag und der Arbeitgeber vor Abschluss des Sozialplanes nicht mit der konkreten Umsetzung der Maßnahmen begonnen hatte.
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