Unternehmen sind verpflichtet, die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmern gegenüber nachzuweisen. Das bringt erhebliche zeitliche und organisatorische Herausforderungen mit sich, nicht zuletzt, weil das Gesetz schon ab 01. August 2022 gilt.
Der deutsche Gesetzgeber hat gerade noch rechtzeitig gehandelt. Denn bis zum 31. Juli 2022 mussten die Vorgaben der europäischen Arbeitsbedingungenrichtlinie umgesetzt werden. Wer aber glaubt, dass die Unternehmen für die Umsetzung des geänderten Nachweisgesetzes mehr Zeit erhalten, wird enttäuscht. Bisher enthält der Arbeitsvertrag in der Regel schon wesentliche Vertragsbedingungen wie Name und Anschrift der Vertragsparteien, Beginn des Arbeitsverhältnisses, ggf. Arbeitsort oder Verweis aufs Direktionsrecht, eine Tätigkeitsbeschreibung, Vergütung, Arbeitszeit und Regelungen zum Urlaub sowie in der Regel einen Verweis auf geltende Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge.
In der Nachricht vom 29. Juni kündigte grosshandel-bw an, dass bis zum Stichtag 01. August die ggf. erforderlichen Änderungen und Ergänzungen in den Musterverträgen aufgenommen und auch im HR.DokGenerator berücksichtigt werden.
Was muss ab dem 01. August beachtet werden?
Neuverträge ab 01. August 2022:
Angaben im Arbeitsvertrag | Frist | Rechtsfolge |
| am 1. Tag der Arbeitsaufnahme
schriftlich aushändigen | Bußgeld
bis 2.000 Euro |
| Frist von 7 Tagen
schriftlich aushändigen | Bußgeld |
Alle weiteren Angaben wie z. B. Altersvorsorge, Verfahren bei der Kündigung | binnen 1 Monats | Bußgeld |
Letztlich sollten diese Fristen in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle spielen, da im Idealfall der gesamte Arbeitsvertrag (mit allen Anforderungen des Nachweisgesetzes) bereits vor Arbeitsaufnahme ordnungsgemäß schriftlich vereinbart wurde.
Altverträge vor dem 01. August 2022:
Der Arbeitgeber kommt nicht umhin, sich auf den 01. August 2022 mit einem Nachweisschreiben für Altverträge vorzubereiten, denn es kann durchaus vorkommen, dass einige Arbeitnehmer aktiv den Arbeitgeber auffordern, das Nachweisschreiben zu erstellen. Bei neuen Verträgen empfiehlt es sich ebenfalls, die erforderlichen Angaben in einem Schreiben schon am ersten Tag der Arbeitsaufnahme dem Arbeitnehmer übergeben zu können.
Wichtig ist, dass mit dem Nachweisschreiben keine neuen Ansprüche generiert werden. Es muss vermieden werden, dass der Arbeitgeber im Nachweisschreiben zu sehr sein Weisungsrecht einschränkt. Ob das Nachweisschreiben lediglich eine Wissenserklärung des Arbeitgebers ist und damit keine bindende Wirkung zu Gunsten des Arbeitnehmers entfalten kann, ist streitig.
Es drohen jedenfalls Bußgelder, wenn die Nachweispflichten durch den Arbeitgeber
erfüllt werden.
grosshandel-bw stellt als Hilfestellung eine Synopse des BGA sowie ein Merkblatt zum Umsetzungsgesetz der Arbeitsbedingungen-Richtlinie zur Verfügung. Diese erklären, was zu beachten ist und können von interessierten Mitgliedern im Downloadpool abgerufen werden. grosshandel-bw erstellt in den nächsten Tagen ein Muster für ein Nachweisschreiben mit hilfreichen Tipps.
Nachfolgend sollen – allerdings nicht abschließend – schon einige Punkte herausgegriffen werden, die derzeit für Diskussionen sorgen:
Hinweis auf Überstunden
Unsere Musterverträge enthalten eine Regelung zu den Überstunden in allgemeiner Form, dass sie grundsätzlich zu leisten und bis zu einem bestimmten Umfang (in der Regel 10 bis max. 20 Stunden) mit dem Gehalt abgegolten sind. Im HR.DokGenerator wird die Regelung entsprechend angepasst, um in Zukunft auch dem Nachweisgesetz zu entsprechen. Wir werden mögliche Anpassungen auch im Muster für das Nachweisschreiben berücksichtigen. In den meisten Fällen wird aber ein allgemeiner Verweis auf den Arbeitsvertrag ggf. Tarifvertrag ausreichen.
Hinweis auf die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und vereinbarte Schichtarbeit
Keinesfalls müssen hier konkret die Schicht- und Arbeits- und Pausenzeiten aufgeführt werden. Damit könnte eine Bindung für die Zukunft entstehen. Das Nachweisgesetz fordert nach unserer Einschätzung genaue Angaben nur, wenn diese im Arbeitsvertag auch explizit vereinbart werden sollen und das Direktionsrecht damit bewusst eingeschränkt werden soll.
Wenn aber im Arbeitsvertrag aus gutem Grund eine allgemeine Regelung z. B. mit einem Hinweis auf die betrieblichen Regelungen enthalten ist, damit der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ggf. auch in verschiedenen Schichten einsetzen und Versetzungen oder Änderungen von Pausen- und Arbeitszeiten vornehmen kann, kann im Arbeitsvertrag und damit auch im Nachweisschreiben auf die Regelung im Arbeitsvertrag verwiesen werden.
Verweis auf das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von den Arbeitsvertragsparteien einzuhaltende Verfahren
Unstreitig erforderlich ist der Hinweis auf die Schriftform der Kündigung. Bei den erforderlichen Hinweisen auf die Kündigungsfristen und auf die „Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage“ ist derzeit noch streitig, ob die Kündigungsfristen vollständig aufgezählt und die 3-wöchige Klagefrist konkret aufgenommen werden müssen oder ob ein Hinweis auf § 622 BGB bzw. § 4 KSchG ausreicht. Unserer Auffassung nach ermöglicht der neu gefasste § 2 Abs. 4 NachweisG den Verweis auf das Gesetz oder gegebenenfalls auf den Tarifvertrag. Denn § 622 BGB, § 4 und § 7 KSchG sind als jeweilige gesetzliche Regelung maßgebend.
Bitte wenden Sie sich mit Fragen an das Team von grosshandel-bw, das in den nächsten Tagen ein Muster für das Nachweisschreiben erstellt. Bis dahin werden ggf. offene Fragen geklärt sein, die sich bei der Umsetzung in der Praxis oft erst im Nachhinein ergeben.