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Auflösungsantrag im Kündigungsschutzprozess befreit Arbeitnehmer nicht unbedingt von Arbeitspflicht

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Ein arbeitnehmerseitiger Auflösungsantrag im laufenden Kündigungsschutzprozess führt nicht automatisch zum Wegfall der Arbeitspflicht. Es müssen weitere Umstände hinzutreten.

Im Kündigungsschutzprozess gibt es gemäß § 9 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) sowohl für den Arbeitnehmer, als auch unter bestimmten Voraussetzungen für den Arbeitgeber, die Möglichkeit, einen so genannten Auflösungsantrag zu stellen. Dies hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis durch Urteil des Gerichts trotz der Unwirksamkeit der streitigen Kündigung aufgelöst wird. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass allein die Stellung eines solchen Auflösungsantrages nicht per se dazu führt, dass die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung entfällt. Erst das rechtskräftige Urteil lässt die Arbeitspflicht entfallen. Im Einzelfall kann es zwar sein, dass mit Stellung eines Auflösungsantrages ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers wegen Unzumutbarkeit zusammenfällt. Dies muss aber vom Arbeitnehmer geltend gemacht und letztlich begründet werden.

I. Sachverhalt

Die Parteien streiten über eine außerordentliche Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Im November 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers erstmalig ordentlich. Im Laufe des Kündigungsschutzprozesses, vor Ablauf der Kündigungsfrist, erkannte die Beklagte den Kündigungsschutzantrag an. Daraufhin stellte der Kläger einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG und arbeitete bis Ablauf der Kündigungsfrist, Ende Mai 2016, bei der Beklagten. Ab Juni 2016 blieb der Kläger der Arbeit fern. Nach Ausspruch zweier erfolgloser Abmahnungen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis im Juli 2016 außerordentlich fristlos. Der Auflösungsantrag wurde vom Arbeitsgericht im Juli 2016 abgewiesen, im Berufungsverfahren erhob der Kläger hilfsweise Klage gegen die außerordentliche Kündigung, mit der Begründung, dass die weitere Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar sei.

II. Entscheidungsgründe

Das BAG hat die Revision des Klägers abgewiesen. Zwar sei die Klageerweiterung im Berufungsverfahren gemäß § 533 ZPO zulässig, doch sei sie unbegründet. Die beharrliche Weigerung zur Erbringung der Arbeitsleistung, obwohl das Arbeitsverhältnis des Klägers rechtskräftig feststehend fortbestand, sei ein „an sich“ wichtiger Grund i. S. v. § 626 BGB. Die Beklagte habe sich trotz der ursprünglichen ordentlichen Kündigung nicht im Annahmeverzug i. S. v. §§ 293 ff. BGB befunden, da sie den Kündigungsschutzantrag i. S. v. § 305 S. 1 ZPO anerkannt habe und somit ein Fortsetzungsangebot durch die Beklagte nicht erforderlich gewesen sei. Der Kläger sei von der Pflicht zur Arbeitsleistung nicht deshalb befreit, weil er einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG gestellt habe. Der Auflösungsantrag sei kein Gestaltungsrecht, sondern lediglich ein Gestaltungsantrag. Alle Rechte und Pflichten würden bis zum rechtskräftigen, rechtsgestaltenden Urteil weiterbestehen.

Das Kündigungsschutzgesetz sei ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Dem widerspräche es, den Arbeitnehmer faktisch schon mit Stellung des – möglicherweise unbegründeten – Auflösungsantrags von seiner Pflicht zur Arbeitsleistung zu befreien. Ein etwaiges Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB wegen Unzumutbarkeit der Leistungserbringung bleibe davon unberührt. Ein Unzumutbarkeitsgrund, der mit Ablauf der Kündigungsfrist eingetreten sei, sei nicht ersichtlich. Da die Arbeitsverweigerung bewusst und nachhaltig erfolgt sei und die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden sei, sei die außerordentliche, fristlose Kündigung durch die Beklagte gerechtfertigt.

III. Bewertung / Folgen für die Praxis

Das Urteil schafft Rechtsklarheit. In einem ähnlichen Fall hatte das LAG Rheinland-Pfalz (4 Sa 955/04) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der einen Auflösungsantrag mit Tatsachenvortrag gestellt habe, keine beharrliche Arbeitsverweigerung begehen würde, solange über diesen Antrag kein rechtskräftiges Urteil vorliegen würde. Dem erteilt das BAG eine klare Absage.

Das Urteil des BAG vom 14.12.2017 (2 AZR 86/17) steht eingeloggten Mitgliedern von grosshandel-bw nachstehend oder im Downloadbereich zur Verfügung.

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