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Ausschlussfristen müssen Mindestlohn ausnehmen

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Sabine Reich

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer wollen drei Jahre warten müssen, ob der andere Ansprüche geltend macht. Darum gibt es Ausschlussfristen, die die dreijährige Verjährungsfrist abkürzen. Doch bei der Formulierung ist Vorsicht geboten.

Streitig ist bislang, ob die Ausschlussfrist insgesamt unwirksam ist, wenn sie den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nicht ausdrücklich ausnimmt.

Das seit dem 01.01.2015 geltende MiLOG verbietet, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch einzuschränken oder auszuschließen. Eine Ausschlussfrist, bei der die gesetzlichen Mindestlohnansprüche nicht ausdrücklich ausgenommen sind, würde aber genau dies tun. Bisher hat das BAG noch offen gelassen, ob Ausschlussfristen z.B. in Altverträgen, die vor Inkrafttreten des MiLOG abgeschlossen wurden und den Zusatz, dass die Ausschlussfrist keine gesetzlichen Mindestlohnansprüche erfasst, gar nicht enthalten können, unwirksam sind.

grosshandel-bw hatte aus diesem Grund bisher empfohlen und auch die Musterverträge entsprechend angepasst, dass in den Arbeitsverträgen ohne Tarifbezug bei den Ausschlussfristen ausdrücklich der Zusatz vereinbart wird, dass die Ausschlussfrist keine Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz umfasst.

Zu differenzieren ist zwischen vertraglichen und tarifvertraglichen Ausschlussfristen.

Das BAG hat es sich mit seinem neuesten Urteil vom 20.06.2018 leider sehr einfach gemacht und hat nicht die spannende Frage entschieden, ob eine vertragliche Ausschlussfrist, die vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes abgeschlossen wurde, wegen Fehlens der Regelung zu dem gesetzlichen Mindestlohnanspruch insgesamt unwirksam ist. Das BAG hat mit seinem Urteil wiederum diese entscheidende Frage offen gelassen mit dem Verweis, dass die Parteien außergerichtlich verhandelt hätten und so die Ausschlussfrist gehemmt gewesen sei.

Bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnehme, entschied das BAG jedoch, dass die Ausschlussklausel nur insoweit unwirksam sei, wie sie Mindestlohnansprüche umfasse. Damit ist die Ausschlussfrist nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit, wie sie den gesetzlichen Mindestlohn oder andere Ansprüche, die aus rechtlichen Gründen nicht ausgeschlossen werden dürfen (z.B. gesetzlicher Urlaubsanspruch) umfasst.

Damit besteht aber weiterhin Rechtsunsicherheit in der Vertragspraxis.

Jedenfalls hat das BAG deutlich gemacht, dass die Notwendigkeit besteht, vertragliche Ausschlussfristen zwingend bei einem Neuabschluss von Verträgen, aber auch bei Vertragsänderungen/-anpassungen mit dem Zusatz abzuschließen, dass die Ausschlussfristen keine Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz umfassen. Ggf. sollte eine Vertragsergänzung mit dem Arbeitnehmer vorgenommen werden.

TIPP:

Die Vereinbarung von vertraglichen Ausschlussfristen ist regelmäßig zu prüfen und nach der Rechtsprechung zu aktualisieren.  

grosshandel-bw erinnert in diesem Zusammenhang auch daran, dass für die Geltendmachung von Ansprüchen lediglich die Textform vereinbart werden darf und nicht wie bisher die Schriftform. Die Musterverträge im Downloadbereich für Mitglieder von grosshandel-bw enthalten bereits beide notwendigen Änderungen. (Siehe Artikel vom 30.03.2017).

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.

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