Human Resources

BAG verschont Kleinbetriebe: Kein Wiedereinstellungsanspruch

© iStock.com / Jirsak

Das BAG hat die Anwendbarkeit der von ihm entwickelten Grundsätze zum Wiedereinstellungsanspruch nach wirksamer betriebsbedingter Kündigung für Arbeitnehmer von Kleinbetrieben i. S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 – 4 KSchG verneint.

Aufgrund jahrzehntelanger Rechtsentwicklung hat das BAG aus Billigkeitsgesichtspunkten einen Wiedereinstellungsanspruch für einen Arbeitnehmer angenommen, wenn sich die zum Kündigungsausspruch zutreffend vorliegende Prognose (z. B. bezüglich dem Wegfall des Arbeitsplatzes oder dem Fortdauern der Arbeitsunfähigkeit) im Laufe der Kündigungsfrist nicht bewahrheitet. Dieser Umstand ist dem Prognoseprinzip einer arbeitsrechtlichen Kündigung geschuldet und ist insbesondere bei betriebsbedingten oder krankheitsbedingten Kündigungen relevant, wenn sich nach der Kündigung neue Tatsachen ergeben, die die Kündigung unwirksam gemacht hätten. Nun hat das BAG die bis zuletzt noch umstrittene Rechtsfrage geklärt, ob diese entwickelten Grundsätze auch in Kleinbetrieben im Sinne des § 23 Kündigungsschutzgesetz bestehen und hat dies konsequenterweise verneint (Urteil vom 19. Oktober 2017 – 8 AZR 845/15).

I. Sachverhalt

Der Kläger war seit 1987 bei der vormaligen Beklagten zu 1. als Apothekenangestellter beschäftigt. Im November 2013 kündigte die vormalige Beklagte zu 1. dem Kläger und den anderen vier Arbeitnehmern zum 30. Juni 2014 wegen geplanter Schließung der Apotheke. Diese Kündigung focht der Kläger nicht an. Die vormalige Beklagte zu 1 führte die Apotheke mit drei der bisherigen Arbeitnehmer über den 30. Juni 2014 hinaus weiter und veräußerte die Apotheke im Juli 2014 an die Beklagte (ehemalige Beklagte zu 2.). Am 1. September 2014 übernahm die Beklagte die Apotheke, zur Weiterbeschäftigung der drei Arbeitnehmer war sie laut Kaufvertrag verpflichtet. Der Kläger machte vor dem ArbG gegenüber der vormaligen Beklagten zu 1. und der Beklagten einen Wiedereinstellungsanspruch geltend. Das ArbG wies die Klage ab. Die, auf die Beklagte eingegrenzte, Berufung vor dem LAG wurde abgewiesen.

II. Entscheidungsgründe

Das BAG hat die Revision des Klägers abgewiesen und verneinte einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte. Die vom BAG entwickelten Grundsätze zum Wiedereinstellungsanspruch seien für Kleinbetriebe i. S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 – 4 KSchG nicht anwendbar, da Voraussetzung eine betriebsbedingte Kündigung sei, die an den Maßstäben des § 1 Abs. 2 KSchG zu messen sei. Eine betriebsbedingte Kündigung könne schon vor tatsächlichem Wegfall des Arbeitsplatzes aufgrund einer Prognose wirksam erklärt werden. Der Anspruch stelle einen nach § 242 BGB gebotenen Ausgleich für den Fall dar, bei dem die Prognose sich nicht bewahrheite und entweder der bisherige Arbeitsplatz erhalten bleibe oder eine unvorhergesehene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit entstehe.

Ob im Falle der ungeplanten Fortführung eines Kleinbetriebes i. S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 – 4 KSchG und Nichtwahrung eines Mindestmaßes an sozialer Rücksichtnahme bei der Auswahl eines weiter zu beschäftigenden Arbeitnehmers ein Wiedereinstellungsanspruch aus § 242 BGB bestehe, könne dahinstehen. Ein solcher Anspruch hätte gegen die vormalige Beklagte zu 1. gerichtet werden müssen, da diese den Betrieb bis zum 31. August weitergeführt habe. Die Klage gegen die vormalige Beklagte zu 1 sei jedoch rechtskräftig abgewiesen worden. Aus demselben Grund könne offenbleiben, ob ein Wiedereinstellungs- bzw. Fortsetzungsanspruch aus § 613a Abs. 4 S. 1 BGB i. V. m. § 242 BGB bestehe, auch dieser Anspruch hätte gegen die vormalige Beklagte zu 1. gerichtet werden müssen.

III. Bewertung | Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des BAG schafft Rechtsklarheit. Die bislang umstrittene Frage, ob Arbeitnehmer von Kleinbetrieben einen Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung haben können, wurde richtigerweise verneint. Konsequenterweise ist auch die Frage, ob sich aus § 242 BGB ein Wiedereinstellungsanspruchs ableiten lässt, zu verneinen.

Mitgliedern von grosshandel-bw steht die volle Entscheidung des BAG nachfolgend oder im Mitgliederbereich (nach Anmeldung) zum Download zur Verfügung.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.

Aktuelles