Das Mitführen von sog. A1-Bescheinigungen stellt eine unnötige Belastung von Arbeitgebern bei Entsendungen ins Ausland dar. Es besteht Hoffnung, dass die Praxis durch Änderungen wenigstens teilweise befreit wird.
Der Bund Deutscher Arbeitgeberverbände setzt sich auch im Namen von grosshandel-bw für Erleichterungen für die Wirtschaft ein.
Die Mitführung einer A1-Bescheinigung bei einer kurzen Dienstreise ist ein bürokratisches Verfahren, das Entsendungen ins Ausland für die deutsche Wirtschaft unnötigerweise erschwert. Die BDA wird im Rahmen der Revision der Verordnung 883/2004 auf eine Entbürokratisierung drängen. Aus Gründen der Rechtssicherheit bietet es sich an, dass Beschäftigte auch bei kurzen Dienstreisen eine A1-Bescheinigung bei sich führen oder diese zumindest vor Reiseantritt beantragen und einen Nachweis darüber bei sich führen. Rechtlich sieht die BDA dies zwar nicht in jedem Fall als zwingend an, bei einer Kontrolle kann das Vorlegen der A1-Bescheinigung aber langwierige Verfahren verhindern.
Jeder Beschäftigte ist bereits seit dem 1. Mai 2010 verpflichtet, eine sog. A1-Bescheinigung bei sich zu führen. Die A1-Bescheinigung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 19 Abs. 2 Verordnung 987/2009. Arbeitgeber sollten die A1-Bescheinigung frühestmöglich vor Beginn der Auslandsdienstreise beantragen. Diese dient als Nachweis, dass der Beschäftigte dem Sozialversicherungsrecht seines Heimatlandes unterliegt und bindet insoweit auch die ausländischen Sozialversicherungsbehörden (vgl. Art. 5 Abs. 1 Verordnung 987/2009).
Mit der Einführung arbeitsrechtlicher Registrierungspflichten für Entsendungen im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Durchsetzungsrichtlinie) ist das Thema internationale Mitarbeitermobilität komplexer geworden. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Einsätze ihrer Beschäftigten im europäischen Ausland rechtzeitig angemeldet werden. Die Anmeldeverfahren liegen ausschließlich in den Händen der Zielstaaten der Entsendung. Selbes gilt für Sanktionen bei möglichen Verstößen.
Die A1-Bescheinigung wird jeweils für die konkrete Entsendung (zeitlich befristeter Einsatz im Ausland – kann auch nur ein Tag sein) ausgestellt. Der Begriff der Entsendung wird in Art. 12 der Verordnung 883/2004 definiert. Nach Meinung der BDA liegt danach kein Fall einer Entsendung vor, wenn es sich um eine dienstliche Sitzung handelt (z. B. bei Businesseurope in Brüssel). Der Beschäftigte übt im Ausland dann keine Arbeit auf Rechnung des Arbeitgebers aus (vgl. Art. 12 Abs. 1 Verordnung 883/2004).
Eine nachträgliche Beantragung ist bei einer kürzeren Entsendung (< 1 Woche) möglich.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die genaue Ausgestaltung der Umsetzung der Richtlinie den jeweiligen EU-Staaten oblag. Diese haben teilweise sehr unterschiedliche Regelungen erlassen. So gibt es eine „Vorlagepflicht“ in A, CH, F. Hier hilft bei einer Vor-Ort-Kontrolle die nachträgliche Beantragung nicht weiter. Auch sind ernsthafte Bußgelder (Beispiel F: 3.377,00 € pro Arbeitnehmer) vorgesehen.
Zum 1. Januar 2019 sollte eigentlich das Antrags- und Bescheinigungsverfahren zur Ausstellung einer A1-Bescheinigung in Deutschland für Arbeitgeber nur noch in elektronischer Form möglich sein. Das Verfahren wird nach § 106 SGB IV mittels systemgeprüfter Abrechnungsprogramme oder einer maschinellen Ausfüllhilfe durchgeführt und kann somit unmittelbar in die Entgeltabrechnungssysteme eingebunden werden. Aufgrund technischer und organisatorischer Schwierigkeiten haben sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung darauf verständigt, dass Arbeitgeber bis zum 30. Juni 2019 weiterhin Papieranträge verwenden können. Die Anträge sind bei gesetzlich Krankenversicherten bei der jeweiligen Krankenkasse zu stellen. Für privat Versicherte ist die Deutsche Rentenversicherung zuständig.
Die EU-Kommission hat 2016 einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung 883/2004 vorgelegt. Im Bericht des Beschäftigungsausschusses des Europäischen Parlaments zur Revision der Verordnung 883/2004 wurde beschlossen, dass bei Dienstreisen keine A1-Bescheinigungen notwendig sein sollen. Es soll ausreichen, lediglich den Sozialversicherungsträger des Entsendelandes (Herkunftsland) zu benachrichtigen (wie dies tatsächlich geschehen soll, ist noch nicht klar). Ausdrücklich nicht umfasst sind jedoch Fälle, in denen im Rahmen der Dienstreise Dienstleistungen im Empfängerland erbracht werden sollen.
Zur Revision der Verordnung 883/2004 laufen derzeit interinstitutionelle Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament. Die BDA hat sich aktiv im Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene für eine praxistaugliche und unternehmensfreundliche Lösung eingesetzt und wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass eine Ausnahme zu A1-Bescheinigungen bei Dienstreisen Eingang in das Trilogergebnis findet. Die Verhandlungspartner sind bemüht, noch vor den Europa-Wahlen einen Abschluss zu erzielen.
Um einen Überblick über die Tragweite dieser bürokratischen Belastung zu erhalten, bittet die BDA um Mitteilung des entsprechenden Sachverhalts, wenn es zu einer Sanktionierung in einem anderen Mitgliedstaat der Union kommt. grosshandel-bw wird diese Mitteilungen sammeln und an die BDA weiterleiten.
Praxistipp:
Wenn ein Mitarbeiter häufiger ins Ausland entsandt wird, muss grundsätzlich immer ein neuer Antrag für den jeweiligen Zeitraum gestellt werden. Die A1-Bescheinigung wird für Einsätze von bis zu 24 Monaten ausgestellt. Die voraussichtliche Dauer des Einsatzes wird im Antrag angegeben.
Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, bei der DVKA einen A1-Antrag für eine “gewöhnliche Erwerbstätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten” zu stellen. Als gewöhnlich in einem Mitgliedstaat erwerbstätig gilt jemand, der regelmäßig wiederkehrend an mindestens einem Tag im Monat oder an mindestens fünf Tagen im Quartal in dem jeweiligen Staat seine Tätigkeit ausübt. Sofern dies für zwei (oder mehr) Staaten zutrifft, gilt man als gewöhnlich in diesen beiden (oder in mehreren) Staaten erwerbstätig. Die Regelungen für in mehreren Staaten Erwerbstätige sind an keine zeitliche Frist gebunden. Dennoch wird der Geltungszeitraum einer A1-Bescheinigung von der DVKA aus Prüfzwecken stets begrenzt auf maximal 5 Jahre.
Entsprechende Fragebögen sind hier zu finden:
https://www.dvka.de
Der jeweilige Fragebogen muss dann gesandt werden an:
GKV-Spitzenverband
DVKA
Postfach 20 04 64
53134 Bonn
Telefax: 0228-9530-601