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Entgeltfortzahlungsanspruch trotz beendetem Arbeitsverhältnis

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Sabine Reich

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Bei Kündigungen mit kurzen Kündigungsfristen aus Anlass einer Arbeitsunfähigkeit ist Vorsicht geboten, da dies auch nach Beendigung noch zu finanziellen Belastungen für den Arbeitgeber führen kann.

Grundsätzlich endet die Pflicht zur Entgeltfortzahlung für den Arbeitgeber mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Das gilt aber dann nicht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis „aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit“ kündigt.

Für diesen Fall schreibt das Gesetz in § 8 EFZG vor, dass dann der Arbeitgeber sich nicht der Zahlung durch die Beendigung der Arbeitsverhältnisse entziehen kann, sondern auch weiterhin bis zu maximal 6 Wochen zahlen muss.

Dabei genügt es, dass der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit den entscheidenden Anstoß für die Kündigung gegeben hat. Wenn die Arbeitsunfähigkeit den Anlass für die Kündigung z.B. in der Probezeit gegeben hat, ist zu beachten, dass dies nicht das alleinige Motiv gewesen sein darf. Bei der Beurteilung, ob die Arbeitsunfähigkeit ausschlaggebend für die Kündigung war, wird der zeitliche Zusammenhang der Kündigung zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit geprüft.

Nicht sehr bekannt ist die Entscheidung des BAG vom 29.08.1980, wonach der Arbeitgeber nach dem Ende der zunächst bescheinigten Dauer der Arbeitsunfähigkeit noch 3 Tage mit der Kündigung z.B. in der Probezeit abzuwarten hat. Nur dann ist kein enger zeitlicher Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit als Kündigungsgrund gegeben. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die Auffassung des BAG, wonach der Arbeitgeber selbst dann den Anscheinsbeweis der Motivation der Kündigung durch die Arbeitsunfähigkeit nicht widerlegen kann, wenn er bei Ausspruch der Kündigung vor Ablauf der drei Tage nach Ende einer Arbeitsunfähigkeit mangels Info durch den Arbeitnehmer von einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit noch gar nichts gewusst hat.

Denn nach der Rechtsprechung des BAG wird der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung vor Ablauf der drei Tage nach Ende der Arbeitsunfähigkeit so behandelt, als hätte er von der Fortdauer gewusst, wenn die Arbeitsunfähigkeit weiter andauert, egal, ob ihm die weitere Arbeitsunfähigkeit tatsächlich bekannt war.

Wer glaubt, dass eine solche Rechtsprechung aus dem Jahr 1980 eventuell überholt oder schlichtweg wegen fehlender Nachvollziehbarkeit durch die Instanzengerichte abgeändert wird, täuscht sich.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Rechtsprechung des BAG mit Urteil vom 1.3.2018 (10 Sa 1507/17) erneut bestätigt und einer Krankenkasse einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus übergeleitetem Recht gegenüber dem Arbeitgeber zugesprochen, der innerhalb der Probezeit gekündigt hatte und von der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit mangels rechtzeitiger Info durch den Arbeitnehmer keine Kenntnis hatte. Der Arbeitgeber war von einem unentschuldigten Fehlen ausgegangen und hatte unter anderem deswegen gekündigt.

Tipp: Bei Kündigungen in der Probezeit sollte bei Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht sofort gekündigt werden, sondern es sollte jeder Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit als Motiv für die Kündigung vermieden werden.

Das heißt, am besten nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit noch 3 Tage abwarten. Die Motive für die Kündigung, die nichts mit der Arbeitsunfähigkeit zu tun haben sollen, sollten unbedingt nachweislich dokumentiert werden, falls es zu einem Rechtsstreit kommt.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.

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