Leiharbeiter dürfen für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden als Stammarbeitnehmer, solange die Ungleichbehandlung auf anderem Wege kompensiert werde, so das Bundesarbeitsgericht.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nach Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 31. Mai 2023 entschieden, dass Leiharbeiter und Stammarbeitnehmer nicht dasselbe Arbeitsentgelt für die gleiche Tätigkeit bekommen müssen.
Geklagt hatte eine Leiharbeiterin, die in einem Einzelhandel als Kommissioniererin eingesetzt war. Sie zog vor Gericht, da sie dort mit etwa 9 Euro die Stunde etwas ein Drittel weniger verdient habe als vergleichbare Stammbeschäftigte, die mehr als 13 Euro Stundenlohn erhielten. Sie verlangte nun die Zahlung des entsprechenden Differenzbetrags.
Als Grund für einen Anspruch auf gleiche Bezahlung nannte die Klägerin den Gleichstellungsgrundsatz aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Außerdem sei das anzuwendende Tarifwerk des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) und ver.di nicht mit Art. 5 Abs.3 Leiharbeits-Richtline und der dort vorgeschriebenen Achtung des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer vereinbar.
Die Klage wurde bereits von den Vorinstanzen abgewiesen. Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens hat sich auch der EuGH mit dem Fall beschäftigt. Der EuGH stellte in seinem Urteil fest, dass Leiharbeiter nur dann schlechter bezahlt werden dürfen als Stammarbeitnehmer, wenn diese Ungleichbehandlung im Tarifvertrag ausgeglichen werde.
Das BAG stellt in seinem Urteil fest, dass ein solcher Ausgleich im vorliegenden Fall vorliegt. Daher habe die Klägerin keinen Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für gleiche Arbeit. Der Vorteil und damit der Ausgleich der Leiharbeiterin liege darin, dass sie auch in der verleihfreien Zeit Arbeitsentgelt erhalte. Das folge aus dem genannten Tarifwerk. Dieses genüge zusammen mit den gesetzlichen Schutzvorschriften für Leiharbeitnehmer den Anforderungen der Leiharbeiter-Richtlinie der EU.
Der Ausgleich sei der Leiharbeiternehmerin sicher. Zusätzlich habe auch der deutsche Gesetzgeber sichergestellt, dass die Verleiher das Wirtschafts- und Betriebsrisiko für verleihfreie Zeiten tragen (§ 11 Abs.4 S.2 AÜG). Das BAG betonte außerdem, dass die tarifliche Vergütung von Leiharbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn und die staatlich festgelegte Lohnuntergrenze nicht unterschreiten dürfe. Abschließend stellte das BAG fest, dass nur in den ersten 9 Monaten des Leiharbeitsverhältnisses vom Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts abgewichen werden dürfe.
Unter diesen Voraussetzungen werde die Klägerin ausreichend kompensiert und es komme ihr außerdem hinreichend gesetzlicher Schutz zu. Aus diesem Grund bestehe laut BAG kein Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrags.
Fazit:
Eine differenzierte Bezahlung von Leiharbeitnehmer ist möglich, wenn der Nachteil für diese im Tarifvertrag wieder ausgeglichen wird. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn die Leiharbeiter auch in ihrer entleihfreien Zeit fortlaufend Arbeitsentgelt beziehen. Dies gilt nur für die ersten 9 Monate des Leiharbeitsverhältnisses.