Lobby und Politik

Erneute Kehrtwende beim Hinweisgeberschutzgesetz

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Arabel Münch

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Das ewige Hin und Her nimmt scheinbar kein Ende. Nachdem das Gesetzesvorhaben im Februar überraschend durch den Bundesrat gestoppt wurde, geht nun alles vielleicht doch schneller.

Die Kehrtwendungen beim Hinweisgeberschutzgesetz lassen sich kaum mehr zusammenfassen. Das ohnehin schon in Verzug befindliche Gesetz, mit dem schon längst die zugrundeliegende europäische Richtlinie (Whistleblowing-Richtlinie) hätte umgesetzt werden müssen, sorgt nun wieder für Unverständnis. Da die EU das Vertragsverletzungsverfahren bereits eingeleitet hat, will nun der Gesetzgeber mit einem „Trick“ versuchen, die Zustimmung des Bundesrats zum Hinweisgeberschutzgesetz zu umgehen.

Zuletzt wurde das Gesetz am 10. Februar 2023 sehr überraschend durch den Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren gestoppt. Der Bundesrat kritisierte zu Recht die überschießende Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie. Hierzu informierte grosshandel-bw bereits.

Die Einsetzung eines Vermittlungsausschusses zur Verbesserung des Gesetzes wurde hierdurch erforderlich und es schien, als ob mit dem in Kraft treten des Gesetzes in allernächster Zeit nicht zu rechnen sei. Doch nun sorgt der Gesetzgeber wieder für – negatives – Erstaunen und Überraschen, indem er einmal mehr beweist, wie kreativ er sein kann.

Nun soll der durch den Bundesrat zustimmungspflichtige Teil des Gesetzes, der den öffentlich-rechtlichen Sektor (Bundes- und Landesbeamte, Richter, Gemeinden und weitere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts) betrifft, aus dem Gesetz ausgegliedert werden. Dies hat zur Folge, dass der den privatrechtlichen Sektor betreffende Teil des Gesetzes auch ohne Zustimmung des Bundesrats durch den Bundestag beschlossen werden kann und ein gesondertes Gesetzgebungsverfahren durchlaufen soll.

Die zum Download zur Verfügung stehenden Formulierungshilfen sollen dieses Vorgehen ermöglichen:

  • Die Formulierungshilfe „Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem vom Bundestag am 16. Dezember 2022 verabschiedeten Gesetz. Der Entwurf regelt den Hinweisgeberschutz auf Bundesebene und zwischen Privatpersonen und wird von der Bundesregierung als nicht zustimmungspflichtig angesehen.
  • Die Formulierungshilfe „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zum Hinweisgeberschutz“ betrifft dagegen Beamtinnen und Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst und bedarf damit der Zustimmung des Bundesrats.

Inhaltlich gibt es folgende Änderung:

Das Hinweisgeberschutzgesetz soll bereits einen Monat statt – wie im vom Bundestag beschlossenen Gesetz vorgesehen – drei Monate nach Verkündung in Kraft treten. Die Bußgeldvorschrift für die Nichteinrichtung bzw. den Nichtbetrieb einer internen Meldestelle soll dagegen erst sechs Monate nach Verkündung in Kraft treten. Aus internen Quellen geht hervor, dass die 3. Lesung des Gesetzes wohl schon für Mai 2023 geplant ist. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt soll noch vor der Sommerpause erfolgen. Es ist somit damit zu rechnen, dass das Gesetz im dritten Quartal des Jahres für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und ab Dezember für Unternehmen mit 50 Mitarbeitern gilt.

Hintergrund dieser beschleunigten Vorgehensweise dürfte sein, dass die EU das Vertragsverletzungsverfahren wegen der verspäteten Umsetzung der sogenannten Whistleblower-Richtlinie bereits eingeleitet hat und auch eine Klage vor dem EuGH angekündigt wurde. Das Verschlafen des Gesetzgebers, das Umsetzungsgesetz rechtzeitig zu veranlassen, darf aber nicht dazu führen, dass demokratische Prinzipien – wie die Zustimmung des Bundesrates – getreu dem Motto „ich mach´ mir die Welt, wie sie mir gefällt“ verbogen und umgangen werden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich die Bundesregierung über die Bedenken des Bundesrats hinwegsetzen will und mit einem Verfahrenstrick versucht, das Votum des Bundesrats zu umgehen.

grosshandel-bw arbeitet bereits daran, seinen Mitgliedern eine praktikable Lösung zu bieten und steht dazu schon im Kontakt zu verschiedenen Anbietern. Über weitere Entwicklungen halten wir Sie auf dem Laufenden.

Für Mitglieder von grosshandel-bw stehen die Formulierungshilfen im Downloadpool unter „Arbeitshilfen“ zum Herunterladen bereit.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.

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