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Fristlose Kündigung wegen ausländerfeindlichen Verhaltens wirksam?

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Sabine Reich

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Äußerungen von Arbeitnehmern im Betrieb sind grundsätzlich im Lichte des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu bewerten. Wo liegt jedoch die Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Äußerungen?

Grundsätzlich können Äußerungen eines Arbeitnehmers im Betrieb in ausländerfeindlicher Weise eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn sie nicht unter das Grundrecht der Meinungsfreiheit fallen. Dies betrifft beispielsweise allgemeine Äußerungen wie: „Die Ausländer müssen hier raus“, wenn sie nicht nach den Umständen des Einzelfalles einen konkreten Angriff auf die Persönlichkeit eines bestimmten ausländischen Mitarbeiters darstellen. Ob eine Kündigung gerechtfertigt ist, hängt wie so oft von den Umständen des Einzelfalles ab, dies gilt auch für die Frage, ob eine vorherige einschlägige Abmahnung erforderlich gewesen wäre.

Auch ist zu berücksichtigen, unter welchen Umständen bzw. in welcher Form fremdenfeindliche Äußerungen gefallen sind.
Beispielsweise besteht kein wichtiger Grund zur Kündigung, wenn private Textnachrichten mit fremdenfeindlichem Inhalt in einer kleinen WhatsApp-Gruppe auf den privaten Mobiltelefonen der Mitarbeiter gestellt werden, da die Mitarbeiter darauf vertrauen dürfen, dass die Äußerungen nicht nach außen getragen würden (ArbG Mainz, Urteil v. 15.11.2017 – 4 Ca 1240/17; nicht rechtskräftig).

Vertrauliche Äußerungen unterfallen dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daher können Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder in der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Verhaltens nicht schutzwürdig wären, in Vertraulichkeitsbeziehungen verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Dies kann für eine private Chat-Kommunikation der Fall sein.

Wenn jedoch ein Arbeitnehmer auf einer rechtsradikalen Facebook Seite unter seinem Namen und in einer Uniform bzw. Kleidung, die den Arbeitgeber erkennen lässt, ein Foto mit einer meckernden Ziege mit der Sprechblase „Achmed, ich bin schwanger“ veröffentlicht, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen (LAG Sachsen, Urteil v. 27.02.2018 – 1 Sa 515/17).

Hier ist weder eine einschlägige Abmahnung zuvor erforderlich, noch greift der Schutz des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung.

Unverständlich ist dagegen eine ältere Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (2 Sa 191/96), wonach grob ungehörige oder zu missbilligende Äußerungen nur dann kündigungsrelevant sein sollen, wenn weitere Voraussetzungen vorlägen. Das Gericht setzt für eine wirksame Kündigung voraus, dass durch das Verhalten das Vertrauen des Arbeitgebers in die Amtsführung bzw Leistungsbereitschaft irreparabel beeinträchtigt oder der Betriebsfrieden dadurch so gestört würde, dass eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern in Unruhe geraten, sich beschweren oder für eine nicht unerhebliche Zeit die Arbeit niedergelegt hätte.

Die Entscheidung ist umstritten, da sie die Kündigungsrelevanz des Arbeitnehmerverhaltens davon abhängig macht, wie Arbeitskollegen im konkreten Fall reagieren.

Bleibt zu hoffen, dass die Gerichte in Zukunft, entsprechend der aktuellen Entscheidung des LAG Sachsen, weitere entscheidende Signale setzen, wonach ausländerfeindliche oder antisemitische Äußerungen von Arbeitnehmern von Arbeitgebern nicht geduldet werden müssen, damit die Arbeitgeber fremdenfeindlichen Äußerungen im Betrieb, die eine ausländerfeindliche Stimmung erzeugen könnten, wirksam entgegentreten können.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form.
Wir meinen immer alle Geschlechter im Sinne der Gleichbehandlung.

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