Additive Manufacturing ist auf dem Vormarsch und wird zu neuen Netzwerken von produzierenden Unternehmen über den Großhandel bis hin zum Handwerk führen.
Additive Manufacturing (AM), umgangssprachlich auch als 3D-Druck bekannt, bietet vielfältige Möglichkeiten im Kontext der industriellen Produktion, über den mittelständischen Großhandel, bis ins Handwerk. Der technische Fortschritt der Anlagen, die Breite an zur Verfügung stehenden Materialien sowie die Digitalisierung und Vernetzung von Prozessen geht in rasanten Schritten voran. Hierdurch entstehen vielfältige Chancen für neue Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle.
Additive Manufacturing befeuert daher auf der Geschäftsebene insbesondere Wertschöpfung in partnerschaftlichen Netzwerken: Unikate und Kleinserien können von externen Konstruktionsexperten entworfen und durch spezialisierte Druckdienstleister zeitnah produziert werden, Logistikketten oder das Ersatzteilgeschäft können weitgehend digitalisiert werden. Auch optimierte Versionen von Produkten lassen sich kostengünstig und in kurzen Zyklen realisieren. Diese Möglichkeiten stellen produzierende Unternehmen, bis hin zum Großhandel, vor zentrale Herausforderungen bei der strategischen Partnerwahl und der Gestaltung der Kooperation.
Additive Manufacturing als Chance für neue Wertschöpfung
Durch neue Technologien eröffnen sich vielfach beeindruckende Chancen zur Steigerung der Wertschöpfung in und außerhalb bestehender Geschäftsprozesse.
Additive Manufacturing ist eine faszinierende Technologie, da ein Bauteil beliebiger Geometrie schichtweise erzeugt wird und nicht aus dem Vollen gefräst oder unter Nutzung teurer Werkzeuge gegossen werden muss. Darüber hinaus verspricht AM die wirtschaftliche Fertigung nahezu beliebig komplexer und individueller Strukturen, da verschiedene Bauteile im selben Prozessdurchlauf einer Maschine gefertigt werden können. Insbesondere diese Eigenschaft hat AM bereits in manchen Märkten nicht nur zum Durchbruch verholfen, sondern zum „Game Changer“ werden lassen.
Die genannten Beispiele lassen vermuten, dass AM derzeit nur in Nischen Anwendung findet. Rasante zweistellige jährliche Wachstumsraten der Märkte und die Ausweitung der Anwendungsfelder lassen jedoch Gegenteiliges vermuten: AM wird in unterschiedlichen Bereichen zunehmend auch für die Serienfertigung relevant. Für Industrieunternehmen bis hin zum mittelständischen Unternehmen, die sich in bestehenden Märkten etabliert haben, stellt sich daher die Frage, ob auch im eigenen Markt Chancen durch die Nutzung von AM resultieren. Hieraus ergibt sich auch die Frage wie, AM in bestehende Wertschöpfungsstrukturen zielführend integriert werden kann.
Was ist Additive Manufacturing?
AM ist stark vereinfacht dargestellt ein Sammelbegriff für unterschiedliche additive Fertigungsverfahren. Diese basieren alle auf demselben Prinzip des schichtweisen Aufbaus von Teilen.
Der Fertigungsprozess ist additiv (auftragend) und nicht – wie bei konventionellen Fertigungsverfahren wie Drehen und Fräsen – subtraktiv. Somit wird nur dort Material platziert, wo es auch benötigt wird. Der Ausgangspunkt von AM ist ein dreidimensionales digitales Produktmodell, oft als Computer-Aided-Design (CAD)-Modell bezeichnet, welches durch ein additives Verfahren im Drucker in ein physisches Produkt transformiert wird.
Was macht Additive Manufacturing besonders?
Auf einer generalisierten Ebene hat AM folgende Charakteristika:
Welche Möglichkeiten bietet Additive Manufacturing?
Nach der Darstellung der Technologie und den charakterisierenden Merkmalen ergeben sich bei genauerer Betrachtung eine Vielzahl von Potenzialen auf die nachfolgend eingegangen wird.
Es kann durchaus davon gesprochen werden, dass AM das Potenzial besitzt eine neue industrielle Revolution einzuleiten und die damit verbundene industrielle Produktion zu verändern.
Neben einem hohen Innovationspotenzial und den technischen Vorteilen, die sich durch Realisierung komplexer Geometrien und Einsatz mehrerer Materialien für unterschiedliche Bauteileigenschaften auszeichnen, lassen sich Potenziale in Form einer Fertigung-on-demand und die damit verbundene Kundennähe erkennen.
Nachdem bei konventionellen Fertigungsverfahren die Konstruktionsphase und die eigentliche Fertigungsphase nicht getrennt voneinander betrachtet werden können und sich hier gegenseitige Abhängigkeiten erkennen lassen, ist dies bei AM nicht im selben Maße gegeben. Die Konstruktionsphase kann demnach losgelöst von der Fertigungskette betrachtet werden. Dies wird vor allem dann deutlich, wenn es um die Umsetzung individueller Kundenanforderungen geht. Hierbei kann der Kunde unterschiedlich stark in die Konstruktionsphase integriert werden.
AM ermöglicht nicht nur verschiedene Materialien in einem Bauteil zu verarbeiten, sondern gleichzeitig auch unterschiedliche Funktionsmechanismen zu integrieren. Im Vergleich hierzu müssen bei anderen Fertigungsverfahren oftmals mehrere Prozessschritte durchlaufen und mehrere Bauteile einzeln gefertigt werden, um diese im Nachhinein zu einer Baugruppe zusammenzuführen. Der Mehrwert durch die Funktionsintegration kann mit Leichtbaustrukturen der Bauteile zusätzlich angereichert werden.
AM hat einen Einfluss auf den gegenwärtig weit verbreiteten Ansatz, Fertigungskosten durch Auslagerung der Fertigung in Niedriglohnländer einzusparen. Der Wandel äußert sich dadurch, dass bspw. Drucker dezentral an den benötigten Standorten stationiert werden, um nicht nur anfallende Logistikkosten einzusparen, sondern eine damit verbundene bedarfsgerechte Fertigung-on-demand zu ermöglichen, was nicht nur in Zeiten der derzeitigen Beschaffungsengpässe zum Wettbewerbsvorteil werden kann.
Der steigende Bedarf der kundenindividuellen Anpassung der Produkte und die zusätzliche Reduzierung der Produktlebenszyklen hat eine ungewisse Marktnachfrage zur Folge. Sich daraus ergebende Änderungen in der Produktgestaltung in Form von Anpassungen an neue Normen oder Vorgaben von bestimmten Märkten können durch AM regelmäßig, ohne zusätzliche Kosten vorgenommen werden
Die zunehmende individuelle Produktgestaltung ist bei konventionellen Fertigungsverfahren oft mit hohen Kosten in der Werkzeugherstellung verbunden. Durch AM kann der Kunde bspw. in der Rolle des Designers direkt miteinbezogen werden. Hierbei kann die Produktentstehung vollständig in die Hand des Kunden übergehen, was bei konventionellen Fertigungsverfahren eher selten der Fall ist. Unterschiede ergeben sich hierbei im Grad der Einbeziehung bzw. der Integration des Kunden in den Produktentstehungsprozess. Prinzipiell kann der Kunde immer mit in die Konstruktionsphase integriert werden, allerdings gibt es Unterschiede hinsichtlich der anschließenden Herstellung. Diese wird entweder beim Hersteller oder beim Kunden selbst durchgeführt.
In diesem Zusammenhang ermöglicht AM die Realisierung neuer Herstellerstrategien insbesondere mit Fokus auf Lagerhaltung, Organisation und Distribution. Drucker können standortunspezifisch zum Einsatz kommen und ermöglichen Flexibilität hinsichtlich Ort und Anzahl der zu produzierenden Teile. Die Bauteile werden demnach nicht mehr on-stock gefertigt. Hierbei ergeben sich Potenziale hinsichtlich der Ersatzteilversorgung on-demand, der Möglichkeit zur individuellen Reparatur sowie des Hinzufügens von Material zu semiproduzierten Produkten.
Welche wirtschaftliche Bedeutung hat Additive Manufacturing?
Ein deutlicher Anstieg ist im Bereich der Forschungsaktivitäten zu vernehmen, was u.a. auf das ansteigende Interesse der Öffentlichkeit und der Regierung zurückzuführen ist. Auf den weltweiten Konferenzen steigt die Anzahl der teilnehmenden Forschungsinstitutionen. Dabei stehen Themen wie Oberflächenbearbeitung, Einhaltung von Toleranzen sowie neue zu verarbeitende Materialien im Mittelpunkt.
In Hinblick auf Patente im Bereich AM ist zu erkennen, dass die Anzahl der ausgestellten Patente nahezu linear zunimmt, während bei deren Umsetzung in Form von Anwendungen seit dem Jahr 2009 ein rasantes Wachstum zu vernehmen ist.
Bei der Betrachtung der ausgestellten Patente variiert die Anzahl dieser in verschiedenen Sektoren. Im medizinischen Bereich ist der Anteil der ausgestellten Patente am höchsten, es folgen in genannter Reihenfolge Patente in der Produktion, in der Technologie, für Materialien, für Werkzeuge, für Software sowie für Business-Methoden.
Oftmals liegen mehr als zwei Jahre zwischen Ausstellung und Anwendung eines Patents. Unternehmen sind bei der Veröffentlichung der Patente die führende Kraft, gefolgt von Universitäten, Individuen und Laboren bzw. Non-Profit-Organisationen.
Bei Rückfragen zum Thema Additive Manufacturing oder für mögliche Anwendungsmöglichkeiten wenden Sie sich gerne an Simon Hiller (simon.hiller@ferdinand-steinbeis-institut.de) oder an Boris Behringer (behringer@grosshandel-bw.de).