Die Einleitung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) kann ein Arbeitnehmer nicht einfordern, selbst wenn das Gesetz grundsätzlich den Arbeitgeber auffordert, nach sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit ein BEM einzuleiten.
Auch wenn ein Arbeitnehmer erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten (im konkreten Fall 80 bis 100 Fehltage/Jahr) hat, kann er vom Arbeitgeber nicht verlangen, dass dieser ein BEM durchführt. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer schwerbehindert oder einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist.
Ein BEM im Sinne von § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist ein rechtlich regulierter verlaufs- und ergebnisoffener „Suchprozess“, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll. Ziel des BEM ist es festzustellen, aufgrund welcher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den bisherigen Ausfallzeiten gekommen ist und herauszufinden, ob Möglichkeiten bestehen, sie durch bestimmte Veränderungen künftig zu verringern, um so eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden.
Das Gesetz schreibt weder konkrete Maßnahmen noch einen bestimmten Verfahrensablauf vor.
Aus dem Gesetz lassen sich lediglich gewisse Mindeststandards ableiten. Zu diesen gehört es, die gesetzlich dafür vorgesehenen Stellen, Ämter und Personen zu beteiligen und zusammen mit ihnen – mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person – eine an den Zielen des BEM orientierte Klärung ernsthaft zu versuchen. Auch muss dem Arbeitnehmer die mögliche Teilnahme einer Vertrauensperson im Einladungsschreiben angeboten werden (Wichtig: Hinweis auf Nichtübernahme der Kosten für deren Anwesenheit vorsorglich im Einladungsschreiben aufnehmen).
Zudem entspricht ein BEM-Verfahren den gesetzlichen Anforderungen nur, wenn es keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten ausschließt und in ihm die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden.
Aber weder aus der Norm (§ 167 Abs. 2 SGB 9) selbst, noch in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme ergibt sich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auf den Wunsch eines Arbeitnehmers nach der Durchführung eines BEM eingehen zu müssen.
Das Gesetz gibt das Recht, ein BEM einfordern zu können, nur den Interessenvertretungen im Sinne des § 176 SGB 9 (z. B. Betriebs-Personalrat oder Schwerbehindertenvertretung), aber nicht dem betroffenen Arbeitnehmer.
Die Gerichte müssen diese gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren.
Nichtsdestotrotz ist es gegebenenfalls bei erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten durchaus sinnvoll, eine Einladung zum BEM an den betroffenen Arbeitnehmer zu schicken, um im Interesse des Arbeitgebers zu versuchen, die Fehlzeiten zu reduzieren oder die rechtlichen Anforderungen vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung mit einem aktuellen, zeitnah durchgeführten BEM zu erfüllen.
Das Team von grosshandel-bw berät hier gerne.
grosshandel-bw stellt auf Anfrage seinen Mitgliedsfirmen die sorgfältig verfassten Muster mit dem Einladungsschreiben und den erforderlichen Anlagen in Bezug auf Datenschutzerklärung etc. in aktualisierter Form zur Verfügung.