Nach langer Zeit der Ungewissheit kündigt sich nun das nächste Urteil des BAG zum Thema Urlaub an. Doch zunächst muss der EuGH die Frage des BAG beantworten.
Die Rechtsprechung zum Urlaubsrecht nimmt Fahrt auf. In den letzten Monaten und Jahren hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) immer wieder mit verschiedenen Fragen zum Urlaubsrecht befasst und teilweise hierzu auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) befragt. Dabei ging es beispielsweise im Jahr 2019 um die Frage, ob Urlaubsansprüche zum Jahresende bzw. nach dem Übertragungszeitraum (§ 7 Abs. 3 BUrlG) automatisch verfallen können. Seither steht fest, dass der Verfall von Urlaubsansprüchen von der Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers* abhängt. Hierzu berichtete grosshandel-bw hier.
Bislang blieb die Frage unbeantwortet, ob Urlaubsansprüche auch verjähren können. Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn ein Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht auf den Urlaubsanspruch und den drohenden Verfall hingewiesen hat.
Mit einer Antwort auf diese sehr bedeutsame Frage kann nun endlich gerechnet werden.
Denn auch das BAG ist dieser Fragestellung nun nachgegangen jedoch ist die Beantwortung „nur unter Beachtung der für den Urlaubsanspruch geltenden unionsrechtlichen Vorgaben möglich“. Daher hat das BAG mit seinem Beschluss vom 29.09.2020 den EuGH im Rahmen einer sog. Vorabentscheidung ersucht. Die konkrete Fragestellung lautete dabei wie folgt:
„ob das Unionsrecht die Verjährung des Urlaubsanspruchs nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß §§ 194 Abs. 1, 195 BGB gestattet, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.“
Das BAG erkennt in der bisherigen Rechtsprechung des EuGH Anhaltspunkte, die bei der Anwendung der Verjährungsvorschriften auf den Urlaubsanspruch zu einem Verstoß gegen die Grundrechtecharta und die sog. Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) führen würden. Zweifelsfrei ist das BAG hierbei jedoch nicht. Insbesondere die unterschiedlichen Rechtswirkungen der Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG und der Anspruchsverjährung begründen diese Zweifel.
Weiter heißt es im vorliegenden Beschluss des BAG:
„Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Ausschluss- und Verjährungsfristen außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 31 II GRCh und Art. 7 RL 2003/88/EG ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Verjährung des Urlaubsanspruchs mit Rücksicht auf die Rechtsfrieden und Rechtssicherheit sichernde Funktion der Verjährungsvorschriften nicht ausgeschlossen ist, aber auch solche dafür, dass das Unionsrecht einer Anspruchsverjährung entgegensteht, wenn der Arbeitgeber seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht erfüllt hat.“
grosshandel-bw wird die weiteren Entwicklungen zur Verjährung der Urlaubsansprüche im Blick behalten und zu gegebener Zeit erneut hierzu berichten.