Kündigungen bei einer Massenentlassung sind bei nicht ordnungsgemäß durchgeführtem Beratungsverfahren mit dem Betriebsrat unwirksam.
Die Beratungspflicht gilt auch, wenn die Entscheidung über die Entlassung von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Im Rahmen einer Massenentlassung wegen Stilllegung des Betriebs klagten mehrere Arbeitnehmer gegen die ausgesprochene Kündigung mit dem Argument, der Betriebsrat sei über die externen Hintergründe der geplanten Stilllegung des Betriebes nicht hinreichend informiert worden, insbesondere hätten Informationen über den Einfluss verschiedener Tochter- und Leiharbeitsfirmen, an die auf Weisung eines Treuhänders bisher beim Arbeitgeber verrichtete Aufgaben verlagert worden seien, gefehlt. Der Betriebsrat habe ohne Kenntnis dieser Umstände keine ordnungsgemäße Beratungsverhandlung zur Vermeidung des Personalabbaus mit dem Arbeitgeber durchführen können.
Das Kündigungsschutzgesetz bestimmt, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die erforderlichen Auskünfte über den Einfluss eines „beherrschenden“ Unternehmens auf die Massenentlassung erteilen und diese mit ihm beraten muss. Diese Beratungspflicht besteht bereits dann, wenn auf Konzernebene strategische Entscheidungen über die Änderungen der Geschäftstätigkeit geplant werden, die den Arbeitgeber veranlassen, eine Massenentlassung in Erwägung zu ziehen (EuGH vom 10.09.2009 – C – 44/08). Ein Arbeitgeber kann also nicht einwenden, dass nicht er selbst, sondern ein ihn beherrschendes Unternehmen die Entlassungsentscheidung getroffen habe.
Bisher bestand eine Unsicherheit, welche Rolle arbeitgeberfremde Unternehmen bei den Beratungen mit dem Betriebsrat spielen, wenn Sie Einfluss auf anzeigepflichtige Entlassungen im Rahmen der Massenentlassung genommen haben. Unklar war, ob „eine Entscheidung über die Massenentlassung“ nur die unmittelbare Entscheidung des Arbeitgebers oder auch die mittelbare Entscheidung sei, die ein abhängiges Unternehmen zur Vornahme von Entlassungen bewege. Außerdem war bisher nicht geklärt, ob nur ein Unternehmen, dessen Einfluss über Beteiligung und Stimmrechte abgesichert ist, als beherrschendes Unternehmen anzusehen sei oder ob auch ein vertraglich oder faktisch abgesicherter Einfluss z. B. durch Überweisungsmöglichkeiten natürlicher Personen ausreiche.
Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 07.08.2018 klargestellt, dass der Betriff „Beherrschung“ auf eine Situation abzielt, in der ein Unternehmen eine strategische oder betriebswirtschaftliche Entscheidung treffen kann, die den Arbeitgeber zwingt, Massenentlassungen in Betracht zu ziehen oder zu planen. Eine bloße vertragliche Beziehung, sofern sie es einem Unternehmen nicht ermöglicht, bestimmenden Einfluss auf die vom Arbeitgeber getroffene Entlassungsentscheidung auszuüben, wird für die Begründung eines Beherrschungsverhältnisses nicht als ausreichend angesehen. Entscheidend ist also, ob das Unternehmen mit dem Arbeitgeber durch Beteiligung an dessen Gesellschaftskapital oder durch andere rechtliche Verbindungen so verbunden ist, dass es ihm möglich ist, einen bestimmenden Einfluss in den Entscheidungsorganen des Arbeitgebers auszuüben und ihn zu zwingen, Massenentlassungen in Betracht zu ziehen oder vorzunehmen.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Betriebsrat über die Rolle externer Berater im Rahmeneiner Massenentlassung zu informieren. Erforderlich ist eine gesellschaftsrechtliche Beherrschung oder ein Konzernbezug des Entscheidungsträgers.