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Neues zur Quarantäneentschädigung – vorläufige Handlungsempfehlungen

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Arabel Münch

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Haben Nicht-Geboostete einen Anspruch auf die Entschädigungszahlung nach dem IfSG? Und wie ist jetzt mit Johnson & Johnson-Geimpften bzw. Genesenen umzugehen? Ein kurzer Überblick:

Das Corona-Karussell dreht sich munter weiter und es ist nur all zu verständlich, wenn man dabei etwas den Überblick verliert. Daher fassen grosshandel-bw und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) das Wichtigste zum aktuellen Stand hinsichtlich der Entschädigungszahlung zusammen:

1. Wie weit reicht derzeit der Ausschluss von der Entschädigungszahlung nach § 56 I 4 IfSG?

Seit dem 15.09.2021 müssen auch in Baden-Württemberg Arbeitgeber mit der Ablehnung von Entschädigungsanträgen bei nichtgeimpften Arbeitnehmern rechnen. Das folgt aus der Pressemitteilung des Landes vom 02.09.2021.

In Zeiten des Boosterns kommt auch immer häufiger die Frage auf, ob zweifach geimpfte, jedoch nicht geboostete Mitarbeiter auch unter den Ausschluss von § 56 I 4 IfSG fallen. Hierzu hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestags am 18.01.2022 eine Kurzinformation herausgegeben. Darin heißt es:

„§ 56 Abs. 1 S. 4 IfSG normiert demgegenüber einen Ausschlussgrund. Danach erhält die Entschädigung nach § 56 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 IfSG nicht, „wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, […] ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.“

 Es liegt bereits eine allgemeine Empfehlung der STIKO für die Auffrischungsimpfung vor. Darin empfiehlt die Kommission die Auffrischungsimpfung derzeit für Personen ab dem 18. Lebensjahr mindestens drei Monate nach der Grundimmunisierung. Damit es sich um eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG handelt, müssen allerdings die obersten Landesgesundheitsbehörden öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der STIKO aussprechen (§ 2 Abs. 3 IfSG).

In Baden-Württemberg ist das der Fall, die dynamische Bezugnahme auf die Empfehlung der STIKO ist hier unter Ziffer 1 nachlesbar. Eine allgemeine Liste zu den Impfempfehlungen der Bundesländer ist hier zu finden.

Handlungsempfehlung:

Für den Ausschluss der Entschädigung von Nicht-Geboosteten gibt es derzeit noch keine rechtssichere Handlungsempfehlung. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags differenziert für den Ausschluss der Entschädigungen nicht zwischen Kontaktpersonen und nachweislich Infizierten. Nach Auffassung der BDA und grosshandel-bw kann der Ausschluss von der Quarantäneentschädigung jedoch nur auf Kontaktpersonen Anwendung finden, denn:

nach § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG ist Voraussetzung für den Entschädigungsausschluss, dass die Impfung eine Quarantäne verhindert hätte. Das ist bei geboosteten und frisch geimpften Kontaktpersonen (innerhalb von drei Monaten) der Fall, da diese nach den geänderten Quarantäneregelungen nicht in Quarantäne müssen.

Für zweifach geimpfte Kontaktpersonen, die sich bereits hätten boosten lassen können, besteht eine Quarantäneverpflichtung. Die Auffrischungsimpfung hätte die Quarantäne vermieden. Diese erhalten deshalb keine Entschädigung.

Infizierte Personen müssen sich isolieren, selbst wenn sie bereits dreifach geimpft sind. Bei einem Infizierten, der zweifach geimpft ist, kann nach Einschätzung der BDA und grosshandel-bw nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass eine Auffrischungsimpfung seine Infektion und damit die Isolation verhindert hätte. In diesen Fällen müsste nach unserer Auffassung eine Entschädigung gewährt werden.

Die neuen Quarantäneregelungen fasst grosshandel-bw hier zusammen.

 

2. Wie verhält sich die verkürzte Gültigkeit des Genesenennachweises und die Änderung zum Impfstatus mit Johnson&Johnson zur Entschädigung nach § 56 I IfSG?

Durch die Verordnung zur Änderung der Schutzmaßnahmenausnahmeverordnung und der Coronaviruseinreiseverordnung sind die Vorgaben des RKI zu Genesenennachweisen zum Maßstab für deren Gültigkeit – auch im Rahmen von 3G am Arbeitsplatz – geworden.

Mit Veröffentlichung auf seiner Internetseite hat das RKI geänderte Vorgaben zu Genesenennachweisen mit Wirkung ab dem 15. Januar 2022 veröffentlicht und deren Gültigkeitsdauer von sechs Monaten auf 90 Tage verkürzt. Weder die Änderungsverordnung noch die Vorgaben des RKI enthalten eine Übergangsregelung für „Altfälle“. Laut einem Sprecher des Bundesministeriums für Gesundheit besteht für ältere Genesenennachweise kein Bestandsschutz, die Regelung zur Verkürzung sei direkt umgesetzt worden und gelte direkt.

Entsprechendes gilt aufgrund der dynamischen Verweisung der Verordnung zur Änderung der Schutzmaßnahmenausnahmeverordnung und der Coronaviruseinreiseverordnung auch für die vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) geänderten Vorgaben zum Impfschutz mit dem Impfstoff von Johnson&Johnson. Hier sind nun für vollständigen Impfschutz zwei Impfungen erforderlich.

 Folgen für die Praxis:

Die deutliche Verkürzung der Gültigkeitsdauer von Genesenennachweisen setzt für eine rechtssichere Handhabung voraus, dass Arbeitgeber sämtliche bereits hinterlegte Nachweise erneut überprüfen und dass Beschäftigte, die z. B. vor vier oder fünf Monaten genesen sind und von einer Gültigkeitsdauer ihres Genesenennachweises von sechs Monaten ausgegangen sind, von heute auf morgen keinen Genesenenstatus mehr haben. Sie dürfen somit nur mit einem negativen Testergebnis oder mit einem Impfnachweis die Arbeitsstätte betreten.

Auch mit Johnson&Johnson geimpfte Beschäftigte müssen einen negativen Test oder eine zweite Impfung oder Genesung nachweisen, um den Betrieb zu betreten. Auch hier dürfte zur rechtssicheren Handhabung eine erneute Kontrolle durch den Arbeitgeber notwendig sein.

 

3. Was ist datenschutzrechtlich zu beachten?

Datenschutzrechtlich lässt sich vertreten, dass die Erhebung der Anzahl der Impfdosen (= besonderes personenbezogenes Datum) zur Einhaltung der Verpflichtung nach § 28b IfSG zum Zweck der Zugangskontrollen gedeckt wäre. Derzeit gilt das für die Erfassung des Impfdatums wohl noch nicht. Sobald das PEI Impfintervalle festlegt, wäre die Erhebung dieses Impfdatums ebenfalls zulässig.

Für Kontaktpersonen und Haushaltsangehörige eines Infizierten gilt – jedenfalls solange das Datum der Impfung bzw. der Genesung nicht gespeichert werden darf -, dass es zur Prüfung des Entschädigungsanspruchs nach § 56 I IfSG logischerweise möglich sein muss, den aktuellen Impf- bzw. Genesenenstatus abzufragen und entsprechende Nachweise einzufordern. Ob diese Daten dann gespeichert werden dürfen, ist bislang ungeklärt.

 

4. Fazit

  • Derzeit dürften nicht rechtzeitig geboostete Kontaktpersonen keinen Anspruch auf eine Quarantäneentschädigung aus dem IfSG haben. Rechtssicher ist dies jedoch noch nicht.
  • Zur Einhaltung der 3G-Regeln sollten Arbeitgeber alle Arbeitnehmer erneut hinsichtlich Ihres Impf- und Genesenenstatus überprüfen. Personen mit nur einfacher Johnson & Johnson-Impfung und Genesene, deren Genesung länger als 3 Monate zurückliegt, müssen mit sofortiger Wirkung täglich negative Testergebnisse vorweisen.
  • Aus datenschutzrechtlicher Sicht dürfte das Erfassen der Impfanzahl zulässig sein. Speicherungen der Impfdaten sind bislang unzulässig.

 

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