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Quarantäneentschädigung auch bei ungeimpften Azubis in Gefahr

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Arabel Münch

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Ungeimpfte sowie nicht rechtzeitig geboostete Arbeitnehmer, die als Kontaktperson unter Quarantäne stehen, haben schlechte Karten für die Quarantäneentschädigung. Aber wie sieht es bei Azubis aus?

Das Corona-Chaos wirft immer neue Fragen auf, die die Politik und Justiz bislang meist nicht klar oder nur unvollständig beantwortet haben. So auch in Bezug auf die Quarantäneentschädigung nach § 56 I IfSG, welche Arbeitgeber als Vorleistung für die jeweiligen Behörden an die Arbeitnehmer auszahlen sollen. Nun sind Auszubildende aber schon begrifflich keine Arbeitnehmer, sodass sich die Frage stellen muss, ob § 56 IfSG überhaupt für Auszubildende gilt?

Bevor diese Frage geklärt wird, soll ein kurzer Blick auf die aktuelle Situation betreffend Arbeitnehmer geworfen werden:

Für nicht vollständig (also mind. zweifach) geimpfte Arbeitnehmer, die ohne Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit in Corona-Quarantäne sind und auch nicht aus dem Homeoffice für ihren Arbeitgeber tätig werden können, ist mittlerweile einigermaßen klar, dass kein Anspruch auf die Quarantäneentschädigung besteht. Arbeitgeber sollten deshalb auch keine Zahlungen leisten. Hinter dieser noch nicht rechtssicheren Praxis verbirgt sich § 56 I S. 4 IfSG:

„Eine Entschädigung […] erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung […], die […] öffentlich empfohlen wurde […] eine Absonderung hätte vermeiden können.“.

Neu ist, dass dieser Gedankengang wohl auch auf nicht rechtzeitig geboostete Arbeitnehmer übertragbar ist, da auch diese nach aktuellem Stand eine Absonderung hätten vermeiden. Auch hier herrscht jedoch noch keine absolute Rechtssicherheit.

grosshandel-bw berichtete hierzu bereits.

Lässt sich die Handhabung des § 56 IfSG nun auch auf Auszubildende übertragen, obwohl § 56 IfSG nur von „Arbeitnehmern“ spricht? Ja und nein!

Auszubildende sind keine „kleinen Arbeitnehmer“, das steht fest. Deswegen gelten für Auszubildende in einigen Bereichen auch Sonderregelungen. So zum Beispiel § 19 BBiG, der die Fortzahlung der Vergütung für bis zu 6 Wochen regelt. Diese sogenannte Anspruchsgrundlage ersetzt im Verhältnis Auszubildender zum Ausbildenden auch die Regelungen des § 56 I IfSG. Das heißt, § 56 IfSG ist nicht auf Ausbildungsverhältnisse anwendbar! Das bedeutet auch, dass Arbeitgeber, die für die Dauer einer Quarantäne geleistete Ausbildungsvergütung nicht von den Behörden ersetzt bekommen können.

Aber: nach Auffassung von grosshandel-bw und der BDA ist die Fortzahlung der Vergütung für die Dauer einer Quarantäne, die durch vollständige Impfung oder rechtzeitigen Boostern hätte vermieden werden können, ausgeschlossen. In diesem Fall trifft die Auszubildenden ein Verschulden an ihrer Quarantäne. Bekräftigt wird dieses Verständnis von § 19 BBiG nicht zuletzt durch den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung. Durch die Ausschlussregelung in § 56 I S. 4 IfSG bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass vergleichbare Ansprüche gegen Arbeitgeber ausgeschlossen sein sollen. Es muss also eine Parallele zu § 56 I S. 4 IfSG im BBiG geben.

Doch Vorsicht: das oben ausgeführte für Arbeitnehmer und Auszubildende gilt nur für den Fall, dass die Quarantäne durch eine Impfung/ein Boostern hätte vermieden werden können. Das ist derzeit jedenfalls bei einer eigenen Infektion mit dem Virus nicht der Fall. Die Entschädigung entfällt also nur, soweit Azubis nicht infiziert, aber als Kontaktpersonen in Quarantäne müssen.

Handlungsempfehlung: Da es letztlich auf die Praxis der Gesundheitsämter in den einzelnen Bundesländern ankommt, sollte ggf. eine Auskunft beim örtlichen Gesundheitsamt eingeholt werden, wie die Situation im konkreten Fall zu beurteilen ist. Bis dahin sollte eine etwaige Auszahlung an den Azubi vermieden werden.

Nehmen Sie zur Beurteilung Ihres Sachverhalts gerne auch Kontakt zum Team von grosshandel-bw auf.

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