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Rückzahlungsvereinbarung nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme möglich?

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Sabine Reich

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Es gibt keinen allgemeinen Rechtsatz, dass die Rückzahlungsvereinbarung von Fortbildungskosten nur vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme wirksam abgeschlossen werden kann. Für die Unwirksamkeit müssen besondere Umstände vorliegen.

Das Landgericht Niedersachsen stärkt mit seiner Entscheidung vom 23. Februar 2022 zur Wirksamkeit einer Rückerstattungsklausel, die nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme abgeschlossen wurde, die Interessen der Arbeitgeber.

Kurz zusammengefasst die Grundsätze zur Wirksamkeit einer Rückerstattungsklausel von Fortbildungskosten:

  • Zusätzlicher Vorteil für den Arbeitnehmer über die konkrete Tätigkeit hinaus
  • Aufschlüsselung der konkret benannten Kosten
  • Zulässige Bindungsdauer für die Rückerstattung
  • Differenzierung der Gründe, bei denen die Rückerstattung zum Tragen kommt

Ausführlichere Informationen siehe Artikel „Absicherung bei Fortbildungsmaßnahmen des Arbeitsnehmers“ hier.

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitnehmer zur Erstattung der bisherigen Fortbildungskosten des Arbeitgebers wirksam verpflichtet werden kann, wenn der Arbeitnehmer den Abbruch einer Fortbildungsmaßnahme zu vertreten hat. Streitig ist die Frage, ob die Vereinbarung zur Rückerstattung zwingend vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme abgeschlossen werden muss.

Das LAG Niedersachsen verweist auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. September 2009 – 3 AZR 173/08 und geht nicht von einem allgemeinen Rechtssatz aus, dass eine Fortbildungsvereinbarung stets vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme vollständig getroffen sein müsse.

Eine nach Beginn der Fortbildungsmaßnahme abgeschlossene Rückzahlungsvereinbarung kann wirksam sein, wenn der Arbeitnehmer eine Fortbildung beginnt, ohne hierzu durch den Arbeitgeber veranlasst worden zu sein und ohne mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung zur Übernahme von Fortbildungskosten getroffen zu haben. Kommt es im Anschluss während der laufenden Maßnahme zu einem Vertragsschluss, wonach der Arbeitgeber Kosten übernimmt, während der Arbeitnehmer sich im Gegenzug unter bestimmten Umständen zur Rückerstattung verpflichtet bzw. vertraglich an den Arbeitgeber für eine gewisse Dauer bindet, wirkt der Arbeitgeber nicht in unangemessener Weise auf die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers ein.

In solchen Fällen hat sich der Arbeitnehmer frei, ohne Druck, Zwang oder Vorspiegelung einer unbedingten Kostenübernahme zur Durchführung der Fortbildungsmaßnahme entschieden. Das spätere Angebot einer finanziellen Förderung kann der Arbeitnehmer dann ebenfalls aus freien Stücken annehmen oder aber darauf verzichten und die Fortbildung, wie ursprünglich geplant, allein aus eigenen Mitteln finanzieren und damit auch jegliche Bindung und Rückerstattungspflicht vermeiden. Würde man unter diesen Umständen den nachträglichen Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung mit (bedingter) Rückerstattungspflicht generell als unwirksam ansehen, hätte dies auch erhebliche negative Konsequenzen für den Arbeitnehmer. Dieser könnte dann eine Unterstützung seitens des Arbeitgebers in der Regel nicht (mehr) erreichen, weil dieser gewöhnlich nicht bereit sein wird, die Fortbildungsmaßnahme ohne die Vereinbarung einer (bedingten) Rückerstattungspflicht zu finanzieren.

Fazit: Zur Sicherheit im Normalfall (Arbeitnehmer kündigt rechtzeitig an, eine Fortbildungsmaßnahme machen zu wollen) noch vor Beginn der Fortbildungsmaßnahme eine wirksame Fortbildungsvereinbarung mit Rückerstattungsklausel treffen, unter bestimmten Umständen ist dies aber auch noch nach Beginn der Maßnahme möglich.

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