Die Großhändler in Baden-Württemberg bewerten die Geschäftserwartungen aktuell wesentlich negativer als noch zu Jahresbeginn und erwarten strategische Signale der Politik für einen wirtschaftlichen Neustart.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Maßnahmen zur Eindämmung auf die Wirtschaft sind schwerwiegend, wenn auch mit graduellen Unterschieden zwischen Branchen und Bundesländern. Der für Baden-Württemberg vom BGA erstellte regionale Klimaindikator basiert auf der repräsentativen Sonderumfrage bei den Unternehmen des Großhandels vom Mai 2020. Er spiegelt sowohl die aktuelle Lage als auch die Geschäftserwartungen der Großhändler in Baden-Württemberg wider. Werte über 100 stellen ein positives Stimmungsbild, Werte unter 100 Punkte ein negatives Stimmungsbild dar. Die Umfrage unterstreicht, dass auch die Unternehmen in Baden-Württemberg strategische Signale für einen wirtschaftlichen Neustart erwarten, die die Rahmenbedingungen modernisieren und Impulse so setzen, dass der wirtschaftliche Einbruch rasch wieder aufgeholt werden kann.
Großhandels-Klimaindikator im Land unter Bundesdurchschnitt
Der Klimaindikator für den Großhandel in Baden-Württemberg sinkt anlässlich der Sonderumfrage auf ein negatives Niveau von 60,5 Punkten. Somit gibt der Klimaindikator insgesamt 39,8 Punkte ab. Der BGA-Klimaindikator auf Bundesebene liegt dabei im Vergleich bei 68,6 Punkten. Damit bewerten die Großhändler in Baden-Württemberg ihre Lage noch einmal um 8,1 Punkte deutlich schlechter.
Verantwortlich für diese eingetrübte Stimmung ist die negativere Bewertung sowohl der aktuellen Geschäftslage als auch der Geschäftserwartungen, wenngleich die aktuelle Geschäftslage einen etwas größeren Anteil daran hat. Sie liegt in Baden-Württemberg bei 63,7 Punkten und damit um 12,1 Punkte unter Bundesdurchschnitt (75,8 Punkte). Gegenüber der letzten Umfrage zum Jahreswechsel 2019/2020 fällt sie von 104,8 Punkten um 41,1 Punkte. Die schlechtere Beurteilung ist dabei besonders auf die negative Beurteilung der Auftragseingänge und Kapazitätsauslastung zurückzuführen.
Mit 57,4 Punkten liegt die Bewertung der Geschäftserwartungen in Baden-Württemberg um 4,1 Punkte unter dem Bundesdurchschnitt und um 38,3 Punkte niedriger gegenüber der letzten Umfrage zum Jahreswechsel 2019/20. Besonders problematisch sehen die Großhändler die Umsatz- und Ertragslage, während sich die Auftragseingänge gegenüber der aktuellen Lage wieder etwas verbessern dürften.
Entwicklung Großhandels-Klimaindikator Baden-Württemberg
Wirtschaftspolitische Prioritäten
Die Unternehmen des Großhandels sehen die Auswirkungen der Corona-Pandemie und deren Bekämpfung insbesondere in drei Bereichen. 50 Prozent der Befragten sehen sich durch den wirtschaftlichen Lockdown direkt betroffen. Fehlende oder zu geringe Aufträge folgen mit 25 Prozent an zweiter Stelle. Auch Störungen in der Lieferkette werden mit 10 Prozent noch als eine zentrale Hürde für die wirtschaftliche Geschäftstätigkeit angesehen. Aspekte wie knappe Liquidität, hoher Warenbestand, Kosten der Beschäftigung, Erschwernisse bei Transport und Logistik oder bürokratische Hindernisse spielen dagegen eine nachgeordnete Rolle.
32 Prozent der Befragten unterstützen den restriktiven Kurs und sind für eine sehr langsame Rückkehr zur Normalität, weitere 32 Prozent folgen den Entscheidungen der Bundesregierung auf Grund der komplexen Lage. Aber auch die Stimmung dafür, dass die Bundesregierung endlich den Neustart der Wirtschaft einleitet und die Wirtschaft konsequent unterstützt, hat starken Rückhalt in der Unternehmerschaft, liegt aber unter Bundesdurchschnitt. 36 Prozent der Befragten finden, dass die Belebung der wirtschaftlichen Aktivitäten zu lange auf sich warten lässt.
Eine klare Mehrheit in der Unternehmerschaft besteht in der politischen Strategie für einen Neustart. Priorität haben für 59 Prozent der Unternehmen Impulse für Wirtschaft und Arbeitnehmer in der ganzen Breite durch Entlastungen bei Steuern und Abgaben, Investitionen in die Infrastruktur, digitalen Wandel und Bildung sowie weniger Bürokratie. Dieser Wert liegt aber um 16 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Branchenspezifische Lösungen wie Konsumgutscheine, Abwrackprämie, Handwerkerbonus und andere vergleichbare Ansätze halten wie auf Bundesebene nur 5 Prozent der Unternehmen für den zentralen Ansatz. Dagegen plädieren mit 23 Prozent der Befragten für eine Bewältigung der Krise durch die Stärkung der Nachhaltigkeit von Umwelt und Sozialem und damit deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt.
Die Zusammenfassung der bundesweiten Ergebnisse der Umfrage können Mitglieder von grosshandel-bw nachstehend runterladen.