Bestehende Regelungen wurden verlängert und durch neue Pflichten für Arbeitgeber zum Thema Impfung ergänzt. Eine Stärkung von Arbeitgeberrechten bleibt bisher aus.
Lange wurde diskutiert und spekuliert, welche Regelungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung für die kältere Jahreszeit (weiterhin) gelten werden. Am 01.09.2021 hat das Bundeskabinett die Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung beschlossen. Leider mit einem ernüchternden Ergebnis für Arbeitgeber. Die meisten Regelungen – somit auch die Testangebots- und Maskenpflicht – gelten so gut wie unverändert weiter. Die Verordnung tritt zum 10.09.2021 in Kraft.
Die Pflicht zur Durchführung und Aktualisierung von Gefährdungsbeurteilungen bleibt nach wie vor bestehen. Ebenso die Erstellung und Umsetzung eines daran anknüpfenden Hygienekonzepts. Für Arbeitgeber zunächst erfreulich scheint die nachfolgende Ergänzung:
„Bei der Festlegung und der Umsetzung der Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes kann der Arbeitgeber einen ihm bekannten Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten berücksichtigen.“
Ohne eine entsprechende Auskunftspflicht der Beschäftigten hilft dies allerdings wenig. Der Arbeitgeber kann nur auf freiwillige Angaben seiner Arbeitnehmer hoffen. Die Wirkung dieses Zusatzes ist derzeit leider extrem schwach. Dem Grundsatz, dass der Arbeitgeber generell kein Recht hat, die Gesundheitsdaten seiner Arbeitnehmer einzusehen, ist ohne Frage zuzustimmen. Um den Schutz aller Arbeitnehmer sicherzustellen und die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit umsetzen zu können, wäre jedoch ein Fragerecht zum Impf- oder Genesen-Status bezüglich Corona hilfreich und adäquat. Dieses Fragerecht könnte zum Beispiel an die Laufzeit der Corona-Arbeitsschutzverordnung gekoppelt werden, damit Arbeitnehmer nicht dauerhaft dem Eingriff in ihre Gesundheitsdaten ausgesetzt wären. Mögliche Anpassungen im Infektionsschutzgesetz werden dahingehend gerade diskutiert. Gesundheitsminister Jens Spahn tendierte zuletzt zu einem entsprechenden Fragerecht in Bezug auf den Impfstatus. Der Hauptgeschäftsführer der BDA Steffen Kampeter äußert sich in einem aktuellen Rundschreiben vom 02.09.2021 wie folgt:
„Die BDA erwartet, dass die politisch Verantwortlichen die von ihnen selbst kreierte Rechtsunsicherheit beseitigen. Dazu forderte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger ein auf die pandemische Notlage beschränktes Auskunftsrecht zum Impf- bzw. Teststatus von Beschäftigten.“
Auch grosshandel-bw setzt sich gemeinsam mit dem BGA für die entsprechende Umsetzung eines Fragerechts ein.
Eine Home-Office-Pflicht wurde nicht wieder aufgenommen. Allerdings sollen betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen weiterhin auf das notwendige Minimum reduziert werden. Um diese Kontaktreduktion zu ermöglichen, scheint Home-Office immer noch ein zuverlässiges Mittel zu sein.
An dieser Stelle gibt es keine Veränderung. Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet mindestens medizinische Gesichtsmasken zur Verfügung stellen, wo andere Maßnahmen keinen ausreichenden Schutz gewähren. Leider wurde völlig offengelassen, welche anderen Maßnahmen einen ausreichenden Schutz gewähren. grosshandel-bw empfiehlt deshalb weiterhin – vor allem wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann oder die Tätigkeit mit erhöhtem Aerosolausstoß verbunden ist – eine Maske zu tragen. Sollten weitere Lockerungen möglich sein, wird grosshandel-bw darüber unverzüglich berichten.
Arbeitgeber sind auch weiterhin verpflichtet, in ihren Betrieben mindestens zweimal pro Woche für alle Arbeitnehmer in Präsenz die Möglichkeit für Schnell- oder Selbsttests anzubieten. Die damit verbundene Kostenlast hat weiterhin der Arbeitgeber zu tragen. Die Proteste seitens der Arbeitgeberverbände wurden durch diese Verordnung nicht berücksichtigt. grosshandel-bw berichtete zu der Ausgangslage bereits in einem Artikel.
Neben der dargestellten Verlängerung der bestehenden Regelungen bürdet die neue Verordnung dem Arbeitgeber zusätzliche Pflichten in Bezug auf Impfungen auf, auf die nachfolgend näher eingegangen wird. Ziel von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist die Steigerung der Impfquote. grosshandel-bw hat bereits die Erfahrung gemacht, dass die Mehrheit der Arbeitgeber in Baden-Württemberg viele Anstrengungen unternehmen, um die Impfbereitschaft ihrer Arbeitnehmer zu fördern. Dabei wurden u. a. Impftermine im Betrieb, freiwillig bezahlte Freistellungen für Impftermine, und sogar Impf-Bonuszahlungen von Arbeitgeberseite angeboten.
Ab dem 10.09.2021 müssen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer über die Risiken einer COVID-19 Erkrankung und bestehende Möglichkeiten einer Impfung informieren. Zusätzlich sollen sie die Betriebsärzte bei betrieblichen Impfangeboten unterstützen sowie Arbeitnehmer zur Wahrnehmung von Impfangeboten freistellen. Damit gehen wieder viele Praxisfragen einher, die unbeantwortet bleiben.
Die Verordnung gibt vor, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ermöglichen muss, sich während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 impfen zu lassen. Ob es sich dabei um eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung handelt ist unklar. grosshandel-bw geht weiterhin davon aus, dass während der Freistellung für die Impfung keine vergütungspflichtige Arbeitszeit vorliegt. Allerdings kann sich die Impfbereitschaft der Arbeitnehmer insgesamt erhöhen, wenn dafür ein positiver Anreiz geschaffen wird. Eine pauschale Zeitgutschrift für die Impfzeit könnte dahingehend einvernehmlich vereinbart werden.
Die Vorschrift regelt ferner die Unterstützungspflichten des Arbeitgebers insbesondere in Bezug auf die Bereitstellung von erforderlichem Hilfspersonal sowie von Räumen, Einrichtungen, Geräten und Mitteln für Schutzimpfungen, um Impfungen im Betrieb durchzuführen. grosshandel-bw berichtet bereits zu den Besonderheiten beim „Impfen im Betrieb“.
Wichtig ist weiterhin, dass die Einladungen zur Impfung ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der Impfungen hinweisen. Die Einladung soll auch weiterhin nur durch den Betriebsarzt erfolgen und der Arbeitgeber ist verpflichtet, die ordnungsgemäße Auswahl der die Impfung durchführenden Person zu dokumentieren.
Hinzu kommt die Pflicht zur Durchführung einer Unterweisung. In Bezug auf die Unterweisung verweist der Referentenentwurf auf die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel. Dort finden sich auf Seite 18 am Ende des Unterpunkts 4.2.14 Hinweise zur Unterweisung und aktiven Kommunikation.
Informationsmaterial wird bereits vom Bundesministerium für Gesundheit, dem RKI und der BDA zur Verfügung gestellt. Übersichten und Broschüren sind beispielsweise hier abrufbar. Zum Thema Schutzimpfung hat die BDA gemeinsam mit dem BDI, dem DIHK und dem ZDH eine umfassende Info-Homepage unter dem Slogan #WirtschaftImpft erstellt.
In der Unterweisung soll über Risiken einer Infektion und die Möglichkeit zur Schutzimpfung informiert werden. Sobald nähere Informationen in Bezug auf die Durchführung der Unterweisung für die Praxis vorliegen, wird grosshandel-bw darüber umgehend informieren. Diese neue Verpflichtung sorgt jetzt schon für Diskussionen, da der Arbeitgeber bisher nicht verpflichtet war, über das Virus und die Impfung aktiv zu informieren.
Mitgliedern steht als Download direkt unter diesem Artikel bereits eine Broschüre das Bundesministerium für Gesundheit zum Thema COVID-19 und Schutzimpfung als PDF zur Verfügung.
Neben der bundesweiten Arbeitsschutzverordnung wurde für das Bundesland Baden-Württemberg eine neue Corona-Verordnung Mitte September erlassen. Diese sieht neben Warn- und Alarmstufen anhand einer 7-Tage-Hospitalisierung-Inzidenz unter bestimmten Voraussetzungen eine Testannahmepflicht für nicht-immunisierte Arbeitnehmer vor. Hierzu wird grosshandel-bw Ende der Woche in Form eines Sondernewsletters berichten.