grosshandel-bw präsentiert die detaillierten Ergebnisse der BGA-Umfrage im August 2023 unter Mitgliedsunternehmen zur wirtschaftlichen Lage und Perspektiven im Deutschen Großhandel, einschließlich der Auswertung für Baden-Württemberg.
Trends & Analysen Großhandel bundesweit
Die Konjunktur in Deutschland ist im ersten Halbjahr 2023 auf Talfahrt gegangen. Im Großhandel sinken zwischenzeitlich die nominalen und die realen Umsätze. Eine Trendwende ist nicht zu erkennen. Die Beschäftigung im Großhandel scheint ihren Zenit überschritten zu haben. Aufträge und Auslastung in den Unternehmen sinken. Entsprechend schlecht ist die Stimmung im Großhandel.
Die konjunkturelle Lage wird maßgeblich vom schwierigen internationalen Umfeld und den strukturellen Anforderungen aus Dekarbonisierung, Digitalisierung und Demografie geprägt. Während im vergangenen Jahr noch Lieferengpässe die Unternehmen belastet haben, drücken nun die Kosten für Beschaffung, Transport, Energie und Personal. Und die zunehmende Regulierungsdichte von Geschäftsprozessen bremst zudem wirtschaftliche Dynamik aus. Dementsprechend geht der BGA nun für 2023 von einer rezessiven Entwicklung aus. Lediglich die rückläufige Inflation ist ein kleiner Lichtblick.
In diesem schwierigen Umfeld hätten sich die Großhändler ein schnelleres und überzeugenderes Gegensteuern der Politik gewünscht. Nach der BGA-Umfrage bleibt die Bundesregierung hinter den wirtschaftlichen Anforderungen zurück. Die Unternehmen machen sich zunehmend Sorgen um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Der BGA hält daher verbesserte Standortbedingungen für dringend erforderlich. Bessere und einfachere Gesetze, vor allem eine wirksame und spürbare Entbürokratisierung sowie eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung können Investitionsbremsen lösen und damit auch wieder das Vertrauen in die Bundesregierung stärken.
Umsatzentwicklung im Großhandel
Nach der Bewältigung der Corona-Krise hat der Großhandel wieder an Robustheit gewonnen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise im Jahr 2022 stellte allerdings auch den Großhandel vor enorme Herausforderungen, die sich in hohen Energiepreisen und gestörten Lieferketten zeigten. Die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise wurde durch die Energiekrise und die Schwächung der Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte deutlich belastet. Die Politik hat durch verschiedene Maßnahmen wie finanziellen Hilfen und steuerliche Entlastungen dazu beigetragen, dass die Wirtschaft und damit auch der Großhandel im Jahr 2022 eine positive Entwicklung verzeichnen konnten.
Während die Umsätze nominal um einen Rekordwert von 18,1 Prozent zunahmen, lag der reale Zuwachs 2022 jedoch nur bei 0,5 Prozent. Die deutliche Differenz ist auf den starken Preisdruck in der Lieferkette durch die Lieferkettenanpassung und hohe Energiekosten zurückzuführen. Das leichte Plus ist vor allem durch den positiven Start in das Jahr 2022 begründet. In der zweiten Jahreshälfte 2022 zeigten sich Abschwächungsanzeichen und es wurden real 1,8 Prozent weniger Waren verkauft als im Vorjahreszeitraum.
Nach einem verhaltenen Start in das Jahr 2023 blieb die erwartete Erholung im Laufe des Jahres 2023 bislang aus. Im ersten Halbjahr 2023 gingen die Umsätze real um 3,7 Prozent zurück. Ursächlich hierfür sind neben der schwächelnden Weltwirtschaft die weiterhin hohen Beschaffungs-, Energie- und Personalkosten. Diese stellen eine erhebliche Belastung für die Unternehmen dar und treffen im Verlauf von 2023 auf rückläufige Umsätze.
Der BGA erwartet infolge der schwachen wirtschaftlichen Dynamik auch für die zweite Jahreshälfte 2023 eine rezessive Entwicklung im Großhandel. Für das gesamte Jahr 2023 rechnet er mit einem realen Umsatzrückgang von -1,5 Prozent und geht infolge der rückläufigen Großhandelspreise von einem nominalen Rückgang von etwa 1 Prozent aus. In absoluten Werten würde dies einem Rückgang des Gesamtumsatzvolumens auf rund 1.750 Milliarden Euro entsprechen.
Trends & Analysen Baden-Württemberg
Die Stimmung im Großhandel in Baden-Württemberg ist wie bundesweit im Sommer 2023 massiv eingebrochen. Während die aktuelle Lage in den vergangenen zwei Jahren jeweils als robust beurteilt wurde, ist die Stimmungslage nun gekippt. Die Großhändler in Baden-Württemberg blicken so pessimistisch wie seit langem nicht mehr in die Zukunft. Die schwierige wirtschaftliche Lage in Verbindung mit den vielfältigen Herausforderungen aus dem Strukturwandel belasten die Unternehmen. Dies sind zusammenfassend die wesentlichen Ergebnisse der Umfrage des BGA gemeinsam mit grosshandel-bw zur wirtschaftlichen Lage und den weiteren Perspektiven im Großhandel in Baden-Württemberg vom August 2023. Die Umfrage zeigt aber auch deutlich, dass sich die Unternehmen zunehmendem Druck aus dem Wettbewerb der Standorte ausgesetzt sehen und fürchten, deutlich an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, wenn die Politik nicht endlich handelt und die rechtlichen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland attraktiver gestaltet sowie bei Bürokratie und Kosten entlastet.
Entwicklung des Großhandels-Klimaindikator für Baden-Württemberg
Der BGA-Klimaindikator für den Großhandel in Baden-Württemberg ist gegenüber der Umfrage vom Sommer 2022 um mehr als 30 Punkte eingebrochen und liegt nun bei einem Wert von 72,9 Punkten. Erstmals wieder seit dem 1. Halbjahr 2021 ist ein Wert im negativen Bewertungsbereich festzustellen. Im Bundesdurchschnitt liegt der Klimaindikator bei einem Wert von 77,6 Punkten. Die Stimmung in Baden-Württemberg liegt damit sogar noch um 4,7 Punkte unter dem Bundesdurchschnitt, der ebenfalls erheblich eingebüßt hat.
Die Bewertung der Geschäftslage befindet sich im freien Fall. Sie ist von einer deutlich positiven Bewertung 122,5 auf 80,4 Punkte in eine deutlich negative Bewertung gefallen. Sie weist damit einen ähnlichen starken Rückgang wie im Corona-Halbjahr vor drei Jahren aus. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, der auf einen Wert von 84,3 Punkten gesunken ist, liegt die Bewertung der aktuellen Lage in Baden-Württemberg deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Die Geschäftserwartungen haben sich weiter, allerdings in dieser Umfrage, deutlich stärker verschlechtert. Die Erwartungen haben gegenüber dem Wert zum Jahreswechsel 2022/23 um knapp 20 Punkte nachgegeben und liegen nun mit einem Wert von 65,3 Punkten 5,7 Punkte unter dem Bundesdurchschnitt von 71,0 Punkten. Damit blicken die Großhändler in Baden-Württemberg insgesamt deutlich skeptischer auf die weitere Entwicklung als der Bundesdurchschnitt.
Die Bewertung von Auftragseingängen und Kapazitätsauslastung der Großhändler in Baden-Württemberg haben sich im Vergleich zur Umfrage zum Jahreswechsel 2022/23 nochmals erheblich verschlechtert und liegen nun sogar deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die Bewertung der Auftragseingänge hat im Vergleich zum Jahreswechsel 2022/23 um 40 Punkte eingebüßt und fällt auf einen Wert von -58 Punkten. Die Kapazitätsauslastung hat ebenfalls kräftig um 35 Punkte nachgegeben und wird damit so negativ angesehen wie seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr. Im Bundesdurchschnitt liegen die Werte, auch wenn diese ebenfalls mit -38 bzw. -39 Punkten ebenfalls deutlich negativ sind, doch etwas besser. Hieraus leitet der BGA ab, dass die Großhändler bestehende Aufträge abarbeitet, neu aber nicht so schnell nachfolgen, und daher auch die weitere Geschäftsauslastung kritisch gesehen wird.
Der BGA und grosshandel-bw bedanken sich bei den Mitgliedern für die Mitwirkung und Unterstützung bei der Umfrage. Die detaillierten Ergebnisse können nachfolgend nach Login oder im Downloadbereich unter dem Thema Markt & Wettbewerb/Zahlen & Statistik/Trends & Analysen heruntergeladen werden. Wir wünschen eine interessante Lektüre.