Durch die neue Gesetzeslage ist dem Missbrauch des Datenschutzrechts durch Abmahnvereine Tür und Tor geöffnet.
Die Rechtsprechung hat bisher bei datenschutzrechtlichen Verstößen primär Ansprüche des jeweiligen Betroffenen bejaht, jedoch wettbewerbsrechtliche Schadensersatzansprüche abgelehnt. Nach herrschender Meinung waren Datenschutzverstöße bisher grundsätzlich nicht abmahnfähig, da der Datenschutz als Aufgabe der Datenschutzbehörden betrachtet wurde und nicht als Marktverhaltensregeln.
Ein unlauteres Handeln wurde bejaht, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelte, die bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
Mit dem Argument, dass der Zweck von Datenschutzbestimmungen der Schutz der Persönlichkeitsrechte und der informationellen Selbstbestimmung sei und kein Marktbezug habe, wurden bisher in der Vergangenheit Schadensersatzansprüche von Wettbewerbern bei datenschutzrechtlichen Verstößen abgelehnt. Zum Beispiel war die unzulässige Verwendung von Daten ehemaliger Kunden für Schreiben zur Kundenrückgewinnung nicht als Wettbewerbsverstoß angesehen worden (OLG München, Urteil vom 12.01.2012 – Az. 29 U 3926/11). Nach dem Bundesdatenschutzgesetz müssen Kundendaten nach Beendigung der Geschäftsbeziehung gelöscht werden und dürfen ohne Einwilligung nicht für Werbeschreiben genutzt werden. Allerdings wurde hier im konkreten Fall ein Marktbezug verneint.
In den letzten Jahren konnte man aber verstärkt feststellen, dass Datenschutzverstöße durchaus als Wettbewerbsverstöße anerkannt wurden, da Verbraucher als „Marktteilnehmer“ in den grundsätzlichen Schutzbereich des Wettbewerbsrechts miteinbezogen wurden. Beispielsweise hat das LG Düsseldorf wegen der fehlenden Information über die Übertragung von Nutzerdaten an Facebook und die fehlende Einwilligung beim Facebook-“Like-Button“ auch einen Wettbewerbsverstoß gesehen.
Allgemein ist festzustellen, dass die fehlende Information über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten durchaus als Wettbewerbsverstoß angesehen werden kann. Aus den sog. Erwägungsgründen der Datenschutzlinie ergibt sich jedenfalls, dass die wettbewerbliche Entfaltung des Mitbewerbers dadurch geschützt werden soll, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden und durch die Informationspflichten die Interessen der Wettbewerber geschützt werden sollen. Damit könnte man den Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften bejahen, da die Informationspflichten Marktverhaltensregelungen darstellen.
Mit dem Unterlassungsklagegesetz hat die Bundesregierung datenschutzrechtliche Vorschriften als Verbraucherschutzgesetze definiert, sodass diese dem Verbandsklagerecht nach dem Unterlassungsklagegesetz unterliegen. Hintergrund ist, dass eine flächendeckende Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden aufgrund der Zahl der Unternehmer und des stetig zunehmenden Umfangs ihrer Datenerhebung/-verarbeitung und Nutzung ausscheidet und Verbraucher oft die Kosten und Mühen scheuen, um Ansprüche durchzusetzen.
Es kann aber nicht Aufgabe von beispielsweise Verbraucherverbänden oder Kammern sein, künftig gegen die unzulässige Datenverarbeitung durch Unternehmer vorzugehen. Nichts destotrotz besteht künftig nach dem Willen der Bundesregierung die Gefahr, dass nicht nur Wettbewerber, sondern vor allen Dingen auch Abmahnvereine bei Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung Schadensersatzansprüche geltend machen können. Ein entsprechender Entwurf zur Änderung des Unterlassungsklagegesetzes ist von der Bundesregierung inzwischen verabschiedet worden.
grosshandel-bw möchte einer ausgedehnten Abmahnpraxis entgegenwirken und bittet um Information, wenn Wettbewerber oder Abmahnvereine auf die Mitgliedsfirmen wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zukommen. grosshandel-bw will durch Zurverfügungstellung von entsprechenden Sachverhalten über den BGA Einfluss auf die Politik nehmen und einer missbräuchlichen Abmahnpraxis entgegenwirken, denn eine solche Entwicklung dürfte auch von Seiten der Politik nicht gewollt sein.