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Was Mütter können, können Väter auch – kommt bald der Vaterschaftsurlaub?

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Arabel Münch

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

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Die EU-Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein: Grund dafür ist die scheinbar doch noch nicht in nationales Recht umgesetzte EU-Richtlinie aus der ein Vaterschaftsurlaub folgen soll. Und nun?

Die EU-Richtlinie 2019/1158/EU zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt den EU-Mitgliedsstaaten vor, dass sie über ihr nationales Recht eine Regelung schaffen müssen, aus der frisch gebackene Väter (bzw. zweiter Elternteil) zehn Tage bezahlten Urlaub anlässlich der Geburt ihres Kindes zugesprochen bekommen müssen. Dieser Urlaub soll um den Zeitpunkt der Geburt des Kindes herum zu Betreuungs- und Pflegeleistungen erfolgen. Die genaue Festlegung des Zeitraums unterliegt aber der flexiblen Ausgestaltung durch die Mitgliedsstaaten. Die Bezahlung muss laut Richtlinie mindestens in der derzeit für den Mutterschaftsurlaub vorgesehenen Höhe erfolgen. Mitgliedstaaten können allerdings von einer Vergütungsregelung absehen, wenn nach den bestehenden nationalen Regelungen für jeden Elternteil bereits Elternurlaub von mindestens sechs Monaten vorgesehen ist und dem Elternteil eine Vergütung von mindestens 65 Prozent des Nettoeinkommens (möglicherweise vorbehaltlich einer Obergrenze) zusteht.

Das Familienministerium hatte die in Deutschland fehlende Regelung einer bezahlten Freistellung nach der Geburt mit einer Ausnahme begründet. Diese Ausnahme bestünde, da die in Deutschland bereits bestehenden Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf weit über die neuen EU-Regeln hinausgingen: So schreiben die EU-Regeln „nur“ vor, dass jeder Elternteil bis zu vier Monate Elternzeit bekommen soll, von denen mindestens zwei bezahlt werden müssen. Deutschland sah seine Regelungen hier großzügiger, denn Arbeitnehmer können hierzulande bis zu drei Jahre Elternzeit nehmen. Teilen sich beide Elternteile diese Zeit auf, können bis zu 14 Monate davon mit Elterngeld bezahlt werden.

Die EU-Kommission scheint dies jedoch anders zu sehen und sieht die EU-Vorgaben in Bezug auf Deutschland als noch nicht umgesetzt an. Es scheint ihr gerade auf den mit der Geburt unmittelbar verbundenen Zeitabschnitt anzukommen, indem eine besondere Beziehung aufgebaut werden solle. Elternzeit und Vaterschaftsurlaub verfolgen also offenbar verschiedene Schutzziele.

Für die Umsetzung des europäischen Rechts in das jeweilige nationale Recht hatten die Staaten eine Frist bis zum 2. August 2022. Da Deutschland und 18 weitere EU-Mitgliedsstaaten diese nicht eingehalten haben, bekamen die Staaten nun Post von der EU-Kommission. Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, auf das Anliegen der EU-Kommission zu antworten. Diese kann dann entscheiden, ob sie weitere Schritte gegen Deutschland, wie z. B. eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, einleitet.

grosshandel-bw wird über die weiteren Entwicklungen berichten.

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