Die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) regelt die gesetzlichen Pflichten zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – auch für Arbeitgeber hat dies Auswirkungen.
Mit Hilfe des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sollen übertragbare Krankheiten beim Menschen vorgebeugt werden, Infektionen frühzeitig erkannt und ihre Weiterverbreitung verhindert werden. Dabei regelt das IfSG unter anderem, welche Krankheiten und welche labordiagnostischen Nachweise von Erregern meldepflichtig sind. Mit dem IfSG werden auch die behördlichen Maßnahmen näher definiert.
Gem. § 31 IfSG kann die Behörde aber auch bestimmte berufliche Tätigkeiten gänzlich oder teilweise untersagen. Der Arbeitgeber sollte dann prüfen, auf welche Art und Weise sein Arbeitnehmer noch einsatzfähig ist.
Das IfSG enthält auch Generalklauseln, die Behörden den Erlass von Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ermöglichen. Die Notwendigkeit der Schutzmaßnahme, ergibt sich in erster Linie aus der Eigenschaft der zu bekämpfenden Krankheit oder des Krankheitserregers. Die zuständige Behörde kann beispielsweise Veranstaltungen nur bis zu einer gewissen Teilnehmerzahl zulassen oder Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Kindertageseinrichtungen oder Schulen) schließen.
Sollten Gegenstände vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden, die mit meldepflichtigen Krankheitserregern behaftet waren und dadurch ein Verbreitungsrisiko dargestellt haben, kann der Arbeitgeber gem. § 65 IfSG Entschädigungsansprüche geltend machen.
Von besonderem Interesse für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind die im IfSG in Bezug auf den Verdienstausfall geregelten Entschädigungsansprüche.
Sollten Arbeitnehmer aufgrund einer behördlichen Maßnahme im Sinne des IfSG einen Verdienstausfall erleiden, steht ihnen ein Entschädigungsanspruch zu. Für die ersten sechs Wochen zahlt der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die Entschädigung in Höhe des Netto-Arbeitsentgelts aus. Die Entschädigung erhöht sich um das Kurzarbeitergeld, auf das der Arbeitnehmer Anspruch hätte, wenn er nicht aufgrund der behördlichen Maßnahme an der Arbeitsleistung verhindert wäre. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Der Arbeitgeber kann auf Antrag auch einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages geltend machen und gewährt bekommen.
Dauert die behördliche Maßnahme länger als sechs Wochen, erhalten die Betroffenen vom Beginn der siebten Woche an eine Entschädigung in Höhe des Krankengelds. Das sind 70 Prozent des Bruttogehalts, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts. Zudem ist der Betrag auf 109,38 Euro pro Tag gedeckelt (Stand 2020). In diesem Fall wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag des Arbeitnehmers gewährt, § 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG.
Der Anspruch auf Entschädigung besteht nur, wenn kein Lohnfortzahlungsanspruch besteht. Sollte der Mitarbeiter während der Quarantäne erkranken, greift ab dann das Entgeltfortzahlungsgesetz und der Arbeitgeber kann nur den bis dahin entstandenen Verdienstausfall als Entschädigung gegenüber der Behörde geltend machen.
Bisher noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob § 616 BGB beim aktuellen Pandemiefall Anwendung finden kann. Die BDA führt in ihrem aktuellen Informationsschreiben aus, dass die Anwendung von § 616 BGB ausgeschlossen sein könnte, da die Pandemielage die Allgemeinheit betrifft. Im Pandemiefall erfolgen behördliche Maßnahmen in großer Vielzahl zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Virus. Es geht mithin um die Bekämpfung einer allgemeinen Gefahrenlage. Deshalb kann von einer „persönlichen“ Verhinderung eines Einzelnen nicht mehr die Rede sein. grosshandel-bw empfiehlt insofern den Antrag auf Entschädigungszahlung bei der zuständigen Behörde rechtzeitig zu stellen – auch in den Fällen, in denen § 616 BGB nicht ausgeschlossen wurde. Die Frist für den Antrag beträgt 3 Monate und beginnt mit der Einstellung der verbotenen Tätigkeit bzw. dem Ende der „Absonderung“ (mit Absonderung ist die Quarantäne nach § 30 IfSG gemeint).
Mit der Novellierung des IfSG wurde auch ein neuer Absatz 1a) im § 56 IfSG geschaffen. Danach können Eltern eine Entschädigung erhalten, wenn sie wegen notwendiger Kinderbetreuung während einer Pandemie Verdienstausfälle erleiden. grosshandel-bw hat dazu bereits unter dem folgenden Link einen Artikel bereitgestellt:
Unternehmen, die einer behördlichen Betriebsschließung unterliegen, haben zurzeit keinen ausdrücklichen Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG. Es stellt sich für Arbeitgeber dabei die Frage, ob sie trotz Betriebsschließung die Entgeltzahlungen weiterleisten müssen.
Nach der Rechtsprechung trägt der Arbeitgeber dann das Betriebsrisiko infolge behördlicher Maßnahmen – also der Betriebsschließung – wenn dieses Risiko der behördlichen Maßnahme im Betrieb durch dessen besondere Art angelegt gewesen war. Es kommt dabei insbesondere auf die Eigenart des Betriebes an. Nicht zum Betriebsrisiko gehören allgemeine Gefahrenlagen wie Kriege, Unruhen und Terroranschläge. Zu diesen allgemeinen Gefahrenlagen, können auch Pandemien zählen. Es sprechen somit gute Argumente dafür, dass der Arbeitgeber trotzdem von der Vergütungspflicht frei wird. Eine pandemiebedingte behördliche Betriebsschließung ist nicht Ausfluss des vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisikos. Das IfSG greift hier etwas kurz. Ohne eine Erstattungsmöglichkeit der fortlaufenden Kosten werden viele Betriebe dennoch an ihre Grenzen stoßen. Eine Erweiterung des Entschädigungsanspruchs auch auf Fälle der infektionsrisikobedingten Betriebsschließung wäre äußerst wünschenswert.
Mitgliedern von grosshandel-bw steht das Informationsschreiben der BDA im Mitgliederbereich zum Download zur Verfügung.