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Zuordnung der Arbeitnehmer bei Betriebsaufspaltung

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Im Falle der Aufspaltung eines Arbeitgebers ohne Betriebsübergang haben die Arbeitnehmer ein Wahlrecht bezüglich ihres zukünftigen Arbeitgebers.

Das BAG hat entschieden, dass bei einer Aufspaltung bezüglich der Zuordnung der Arbeitnehmer auf den zukünftigen Arbeitgeber, die Arbeitnehmer ein Wahlrecht haben, wenn kein Betriebsübergang vorliegt.

Die Parteien streiten über die Zuordnung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nach einer umwandlungsrechtlichen Aufspaltung der bisherigen Arbeitgeberin, die LRS. Die Aufspaltung erfolgte, nachdem die Muttergesellschaft der LRS entschieden hatte, die bisher an die LRS vergebenen Aufträge künftig an Dritte zu vergeben. Die LRS wurde in zwei Gesellschaften aufgeteilt: die „LRS neu“ und die beklagte „LGBS H“. Auf die Beklagte wurden die Aufgaben und Betriebsmittel übertragen, die weiterhin für die Muttergesellschaft ausgeführt werden sollten. Auf die „LRS neu“ wurden die Aufgaben und Betriebsmittel übertragen, die auf absehbare Zeit wegfallen sollten. Der im März 2014 abgeschlossene Interessenausgleich enthielt die Zuordnung der Mitarbeiter auf die zwei neuen Gesellschaften in Form einer Namensliste. Die Klägerin wurde mit Wirkung zum Januar 2015 der „LRS neu“ zugeordnet. Sie begehrt die Feststellung, dass zwischen ihr und der Beklagten, der „LGBS H“, ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.

Das BAG erachtete die Revision der Klägerin für begründet. § 131 Abs.1 Nr. 1 UmwG bewirke bei einer Spaltung die partielle Gesamtrechtsnachfolge entsprechend der im Spaltungs- und Übernahmevertrag vorgesehenen Aufteilung der Rechtsgüter. Arbeitsverhältnisse könnten in diesem Rahmen auch übergehen, es sei denn, die Arbeitsverhältnisse seien bereits im Rahmen eines Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf einen der übernehmenden Rechtsträger übergegangen. Es könne dahinstehen, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin bereits nach § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen sei, da kein Betriebsübergang auf die “LRS neu” stattgefunden habe, die Zuordnung der Klägerin zur “LRS neu” unwirksam sei und die Klägerin ihr Wahlrecht dahingehend ausgeübt habe, mit der Beklagten ihr Arbeitsverhältnis weiter zu führen.

Ein Betriebsübergang auf die „LRS neu“ gemäß § 613a Abs. 1 BGB scheitere daran, dass die „LRS neu“ keine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit übernommen habe, mangels dauerhafter Weiterführung der Aufgaben. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die „LRS neu“ im Rahmen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG scheitere an der notwendigen Zustimmung der Klägerin. Das Zustimmungserfordernis ergebe sich aus § 613 S. 2 BGB, wonach der Anspruch auf die Dienste im Zweifel nicht übertragbar sei, sowie aus der grundrechtlichen Wertung des Art. 12 GG, der Arbeitnehmern die freie Wahl des Arbeitsplatzes und des Vertragspartners garantiere.

Die Zustimmung sei auch nicht aufgrund der Zuordnung der Klägerin im Interessenausgleich unter Anwendung von § 323 Abs. 2 UmwG entbehrlich, da dieser grob fehlerhaft i. S. v. § 323 Abs. 2 UmwG und somit unverbindlich sei. Die Zuordnung im Interessenausgleich habe sich gemäß § 323 Abs. 2 UmwG an den Vorgaben des § 613a Abs. 1 BGB auszurichten. Zwar enthalte § 323 Abs. 2 UmwG selbst keine Kriterien für eine fehlerfreie Zuordnung der Arbeitnehmer, vielmehr setze es bestehende Zuordnungskriterien voraus. Durch die Formulierung „einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil“ nehme § 323 Abs. 2 UmwG Bezug auf § 613a Abs. 1 S. 1 BGB.

Gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB müssten Arbeitsverhältnisse mit der wirtschaftlichen Einheit verbunden bleiben, zu der sie funktional gehörten. Die Bindung an den zwingenden Vorgaben des § 613a Abs. 1 S.1 BGB ermögliche in den Fällen eine weitgehend „gerichtsfeste“ Zuordnung, in denen ein klarer Schwerpunkt der Arbeitsverhältnisse fehle oder deren Ermittlung äußerst schwierig sei. Auch der systematische Zusammenhang von § 323 Abs. 2 UmwG mit § 234 UmwG, welcher eine Rechtsgrundverweisung auf § 613a Abs. 1 BGB enthalte, bestätige diese Auslegung. Eine Zuordnung von Arbeitnehmern auf eine nicht übergangsfähige wirtschaftliche Einheit sei mithin grob fehlerhaft.

Der Klägerin stehe entsprechend der Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG ein Wahlrecht zu, dieses habe sie dahingehend ausgeübt, mit der Beklagten ihr Arbeitsverhältnis weiter zu führen.

Das BAG Urteil ist von hoher Bedeutung für die Umstrukturierungspraxis. Bisher war im Rahmen einer Umstrukturierung ohne Betriebsübergang die Frage der Grenzen des Zuordnungsrechts von Arbeitsverhältnissen der Gesellschafter nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG und der Betriebsparteien nach § 323 Abs. 2 UmwG unklar. Liegt kein Betriebs- oder Betriebsteilübergang vor, sind die Gesellschafter und Betriebsparteien nun auf die Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer bezüglich ihrer Zuordnung angewiesen.

Das BAG-Urteil vom 19. Oktober 2017 (8 AZR 63/16) können Mitglieder von grosshandel-bw nachfolgend oder im Downloadbereich herunterladen.

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